Collection Fehrmann

Jules Vernes Voyages extraordinaires

 Band VE 14-






Aus den vielen deutschsprachigen und internationalen Versionen meiner Sammlung hab ich die nachfolgenden Beispiele aus reinen Dekorationszwecken ausgewählt, vielelicht auch, weil sie nicht jedem so bekannt sind:


Buch oben: Verlag Neues Leben, Berlin 1983, Auflage 1985, L-Nr. 303(305/126/85 – CF /1404/). Unten: Berechtigte Auflage für den buchclub 65, 1983 (L-Nr. 303(305/80/83 – CF /1403/)


unten: Verlag Jugend und Volk, Hildesheim, 1950, ins Deutsche übertragen von Walter Heichem, offensichtlich eine Übernahme aus dem ehemaligem Weichert-Verlag (CF /1401/) Mehr zu  Weichert und dem Nachfolgeverlag hier


Eine schöne alte Ausgabe aus Frankreich

Der Kurier des Zaren (1876), auch unter Michael Strogoff

Moskau OriginaillustrationDie Originalausgabe erschien 1876 unter dem Titel Michel Strogoff. Moscou - Irkoutsk bei Pierre-Jules Hetzel, Paris. Und zwar Band I am 14. August 1876 und Band II am 6. November 1876. Der Titel der ersten deutschsprachigen Ausgabe hieß zwar Der Kurier des Zaren, aber in Frankreich kam das Werk unter dem Namen Michel Strogoff heraus, da Hetzel sich durch direkte Bezugnahme auf das Russische Reich keine Absatzeinbußen leisten wollte. (Bilder links und Titelei weiter unten rechts: Eine Ausgabe um 1880 /1/)

ein altes Original

Das Reich des Zaren ist in Gefahr oder doch zumindest das Leben des Großfürsten von Irkutsk. Denn den sibirischen Provinzen Russlands droht eine schreckliche Invasion der Tartaren. Der Großfürst, der der Bruder des Zaren ist und der sich in Irkutsk, der Hauptstadt Sibiriens aufhält, muss gewarnt werden (Bild oben rechts: Moskau – Illustration des 1. Kapitels /2/) .

Iwan Ogarew (auch: Ogareff), in Diensten der Tartaren, ein russischer Verräter der ein Heer von Straßenräubern gedungen hat, will den Großfürsten ermorden. Dies ist seine Rache, hat er sich doch ehemals im russischen Heer ungerecht behandelt gefühlt. Vorbeugend hat er die Verbindung nach Irkutsk unterbrochen. Also muss ein Kurier auf den Weg geschickt werden.

Moskau PK 1900Der Kurier des Zaren, Hauptmann Michael (Michail) Strogoff, erhält den Spezialauftrag, ausgehend von Moskau (Bild links /6/), quer durch Feindesland und umgeben von Verrätern und Spionen diese Aufgabe zu erfüllen um den Großfürsten zu warnen. Strogoff ist ist ein tapferer und ziemlich urwüchsiger Mann, der seine einfachen Wurzeln nicht vergessen hat. Dazu gehört auch, dass er innig seine Mutter und sein Vaterland liebt.

Mit der Eisenbahn, per Dampfschiff, mit Pferd und Wagen und schließlich zu Fuß begibt sich Strogoff auf den gefahrvollen Weg quer durch Sibirien. Dabei trifft er Nadja, die Tochter eines Verbannten, die mit ihm reist und die er beschützt. Er hat ein Abenteuer nach dem anderen zu bestehen und das Ogareff seinem Auftrag kennt, macht die Sache nicht einfacher. Der mit Gefahren gespickte Weg durch das armselige aber schöne Russland wird von Verne sehr anschaulich geschildert. Um die Handlung zu beleben, sind die beiden Berichterstatter Harry Blount vom Londoner „Daily Telegraph“ und der „obligatorische Franzose“ Alcide Joliviet als Reporter aus Paris auf der Route mit dabei. All die Verwicklungen zu schildern, würde den Rahmen dieser kurzen Besprechung sprengen.

Die BlendungAber die Invasoren sind nicht zu stoppen, die tartarische Reiterarmee fällt in die Ebenen Westsibiriens ein. Es gelingt ihnen durch Zufall, Strogoffs Mutter gefangen zu nehmen. Die listige Zigeunerin Sangarre, Geliebte und Helferin des verräterischen Ogarew, ahnt gewissen Zusammenhänge, da ihr einige Umstände seltsam vorkommen. Der ebenfalls im Lager befindliche Strogoff wird identifiziert, indem seine Mutter durch auspeitschen gequält wird. Hingerissen durch sein Mitleid hat er sich enttarnt, genüsslich wird er dem Tartarenführer präsentiert. Ohnmächtig muss Nadja, die inzwischen ihre Liebe zu Michael entdeckt hat, mit ansehen, wie Strogoff durch ein glühendes Schwert geblendet wird (Bild rechts /2/). Gleichzeitig gelingt es den Tartaren, Strogoffs Legitimation zu erbeuten - Irkutsk scheint verloren. Der gequälte und gedemütigte Strogoff wird einfach ausgesetzt, mit Nadja als Führerin nimmt er aber sofort den Weg in Richtung Osten auf. Verzweifelt aber nicht ohne Hoffnung kämpft er sich Meile für Meile vorwärts. Aber Ogarew, der in die Rolle des Kuriers geschlüpft ist, hat sich bereits in die belagerte Stadt Irkutsk eingeschlichen. Er lauert auf den richtigen Augenblick um den Bruder des Zaren zu töten und die Stadt für die Tartaren zu öffnen. Auf dem Höhepunkt der Dramatik, der falsche Kurier will jetzt Nadja töten, da seine List in Gefahr gerät aufgedeckt zu werden, stellt sich ihm Strogoff zum letzten Kampf. Überraschender Weise ist dieser aber nicht mehr blind und so wendet sich das Schicksal für alle.... Wie dies möglich war, dass solltet ihr selbst nachlesen.

KarteUm einen Überblick über die Reiseroute Strogoffs zu erhalten, kann man die alte Karte, in der ich diese eingezeichnet habe, auf meiner Detailseite Michael Strogoffs Reiseroute einsehen. Ein Beispiel, wie kreativ auch Belegarbeiten sein können und vieviel Spaß es machen kann sich mit dem Thema zu befassen, ist auf meiner Detailseite Fiktives Interview mit Michael Strogoff zu erkennen. In freier Umsetzung des Themas werden weitere Details zum Buch vermittelt.

Und wie sehe ich den Roman Kurier des Zaren?

Russische Typen PK 1900Dieses Buch wurde von Verne in seiner "besten Zeit" geschrieben. Er hatte ja mit dem Verleger Hetzel einen Exclusivvertrag, der ihn verpflichtete, jedes Jahr zwei Bände abzuliefern. Man kann beim Werksstudium erkennen, dass dabei auch einige Lückenfüller dabei waren, Schnellschüsse, die der verlegerischen Verpflichtung dienten, die aber Zeit schaffen mussten um größere Bücher vorzubereiten. (Bild im Text /7/).

Der Kurier gehört zu den ausgereiften Werken. Ein buntes Panoptikum des damaligen russischen Reiches wird dem Leser aufgetan, ein spannender Handlungsfaden, gespickt mit Intrigen, aktionsgeladenen Episoden und überraschenden Wendungen und eine romantische Beziehung runden die Geschichte ab. Gerade die Romantik kommt meist in den Werken Vernes ziemlich kurz. Frauengestalten wurde vom Autor nur spärlich verwendet. Wenn Frauen dabei waren, dann wurden sie meist in Verehrung oder fast ikonenhaft dargestellt. Im Kurier ist das anders: Strogoffs Gefährtin ist aktiv, selbstbewusst und kämpft um und für ihn (vielleicht noch vergleichbar mit "Mrs. Branican", die weltweit ihren verschollenen Mann sucht). Gerade diese von mir geschilderten Fakten sind ideale Voraussetzungen für eine filmische Umsetzung des Werkes. Da alles vorhanden ist: Story, Action und Romantik, sind die filmischen Umsetzungen (siehe unten die Links zu den Verfilmungen) meist recht stimmig - Drehbücher mussten nicht viel nachbessern. Aus diesem Grunde empfehle ich dieses Buch dem noch unschlüssigen Leser auf jedem Fall!

QUELLEN:

/1/ Jules Verne: Michel Strogoff. Moscou - Irkoutsk bei Pierre-Jules Hetzel, Paris im Rahmen Les Voyages Extraordinaires, Ausgabe ca.1880 in der sogenannten Schmuckversion "banière bleue" mit 370 Seiten inklusive der Kurzgeschichte  Ein Drama in Mexiko (CF /1405/)

/2/ ebenda, Bildzitat von Seite 1 (stark bearbeitet)

/3/ ebenda, Bildzitat von Seite 233

/4/ Julius Verne: Der Courier des Zaren; A. Hartleben's Verlag Wien Pest Leipzig 1877; CF /1415/

/5/ Kollektiv: In Freien Stunden; Neunter Jahrgang, 2. Halbjahresband; Verlag: Buchhandlung Vorwärts Berlin 1905; CF /1418/

/6/ Russische Postkarte um 1900 (gelaufen 1906): Moskau Kreml Hauptansicht (Zarensitz); CF /21337/

/7/ Russische Postkarte um 1900 (gelaufen 1902): Russische Typen (Trojka und Russ. Bauer); CF21339/


Alte deutschsprachige Ausgaben


HartlebenDer qualitativ beste deutschsprachige Text kam 1877 durch A. Hartleben in den Handel (siehe dazu Hinweise unter: Der Verlag A. Hartleben). Siehe Titelei Rechts /4/. Dazu ein etwas ungewöhnliches Alternativbuch:  Denn interessant ist, das der gleiche Text einen Nachdruck in einem Fremdverlag fand. Und das auch noch in der sozialistischen Wochenzeitschrift In Freien Stunden, die vom sozialdemokratischen Verlag Buchandlung Vorwärts in Berlin herausgegeben wurde. Dies ist um so verwunderlicher, da die Zeitschrift sich selbst den Rahmen gab: "Eine Wochenschrift: Romane und Erzählungen für das arbeitende Volk". Wie weiter unten  zu sehen ist /5/, wurden sogar ansprechende eigene Illustrationen von J. Damberger - München geschaffen. Dadurch entstand eine insgesamt sehr interssante Buchvariante.

Das Gros anderer Verlage welches für diese Zielgruppe arbeitete, setzte sich keine so hohen Ansprüche an die Qualität der Übersetzungen. An dieser Stelle seien vor allem die sogenannten Volksausgaben des Verlages A. Weichert genannt (siehe dazu Hinweise unter:  Der Verlag A. Weichert)

Kurier : In freien StundenKurier : In freien Stunden
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Nachfolgend weiter unten ein paar kleine Foto-Impressionen aus dem alten Russland, die ich selbst mit der Kamera 1982 in Bildern des historischen Moskaus „einfing“. Hat die ganz oben dargestellte Illustration nicht nicht wunderbar diese Athmosphäre wiedergegeben? Leicht kann man sich vorstellen, welche Wirkung die damaligen Bilder auf die Leser hatten. Die für die oben gezeigten Darstellungen zugeschnittenen Stiche /2/ und /3/ wurden von Jules-Descartes Férat für die Hetzelausgaben geschaffen (wobei die Urheberschaft nicht immer eindeutig auf den Illustrationen erkennbar ist). 

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Foto 1 Foto 2 Foto3


Film 5

Michel Strogoff: Verfilmung F/D 1926

Film 6

Der Kurier des Zaren: Verfilmung F/D 1935/36

Film 3

Der Kurier des Zaren: Verfilmung D/F/IT/YU 1956

Film 1

Der Kurier des Zaren: Verfilmung D/IT/F 1970

Film 4

Michael Strogoff: Verfilmung F/D 1976 (TV, 4 Teile)

Film 2

Der Kurier des Zaren: Verfilmung IT/D 1999 (TV, 2 Teile)

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Hinweis: Beschrieben werden nur in meiner Sammlung befindliche Bücher und Verfilmungen. Dargestellte Bücher sind Beispiele daraus.

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Copyright © Andreas Fehrmann - 07/2000, letzte Aktualisierung 30. April 2022