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Collection Fehrmann Jules Vernes „Voyages extraordinaires"- Band VE 14: Der Kurier des Zaren - VERFILMUNGEN Film: © Ciné France / Bildmaterial: © siehe Quellenangaben |
FILM
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/1/ La Petite Illustration Cinématografique Nr. 7 vom 7. August 1926 – Filmzeitschrift 16 Seiten, Sonderausgabe zum Hauptthema Ivan Mosjoukine als Michel Strogoff S. 1 bis 11 (CF /6718/). Aus dieser Quelle wurden die rechts im Text verwendeten Szenenbilder entnommen (s/w) – die mir vorliegende Filmkopie war koloriert – siehe Strogoffbild weiter unten: Der von den Tataren gequälte und geblendete Michail) /2/ Jean Demerliac: L'ODYSSÉE Jules Verne Albin Michel, Paris 2005, ISBN 2-226-14552-4; Bildzitat von Seite 198 (CF /5713/) /3/ Illustrierter Film-Kurier Nr. 2427 1935, Bildzitat (Ausschnitt) von Seite 4. (CF /7516/)
Hauptdarsteller Ivan Mosjoukine (fr. Schreibweise, auch Ivan Mozzhukhin in engl. oder Iwan Mosjukin in dt. / 1889 bis 1939) war bis zur Russischen Revolution ein bekannter Schauspieler in Russland. Zusammen mit anderen Künstlern floh er während der Revolutionswirren nach Frankreich, einem Land, zu dem schon vorher viele Aristokraten und Künstler enge Beziehungen hatten. Anfangs unterstütze er dort eine junge Filmfirma, später wurde er als Regisseur und vor allem als Schauspieler aktiv. Als sich Ende der Zwanziger Jahre der Tonfilm durchsetzte, kam ein Handicap Mosjoukins zum tragen: Wie viele andere Emigranten auch, tat er sich mit Französisch sehr schwer. Sein russischer Akzent, der im Stummfilm unwesentlich war, wurde jetzt zu einem Hindernis. Er starb 1939 an Tuberkulose.
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Der Kurier des Zaren
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Verfilmung F/D 1926, Filmtitel: Michel Strogoff (F)
/ Der Kurier
des Zaren (D)
Originaltitel: Michel Strogoff; Produktion: Ciné France unter Noé Bloch und Gregor Rabinovitch, unter deutscher Mitwirkung; Laufzeit: 168 Minuten (!); Stummfilm in s/w, teilweise wurden Kopien nachkoloriert (sog. „2-strip Technicolor“); Regie: Viktor Tourjansky; Buch: Boris de Fast - Darsteller: Ivan Mosjoukine (auch Ivan Mozzhukhin) als Michael (Michail) Strogoff; Nathalie Kovanko als Nadia (Nadja) Fedor; Acho Chakatouny als Ivan Ogareff (Iwan Ogarew); Jeanne Brindeau als Maria Strogoff; Tuia de Izarduy als Zaugara (Sangarre); Eugène Gaidaroff als Zar, Micolas Kougoucheff (auch Nougoucheff) als General Kissoff, Henri Debain als Harry Blount, Boris de Fast als Féofar-Khan; Gabriel de Gravone als Alcide Jolivet, M. Debas als Enur Feifar u.v.a.m. Die Außenaufnahmen des Films wurden mit einem riesigen Aufwand in Lettland gedreht. Zu den Massenszenen wurden 4.000 Soldaten und Kavalleristen der lettischen Armee hinzugezogen, die als Tataren oder Russen die Schlachtszenen, die Reiterangriffe oder die Belagerungsszenen gestalteten. Als Sibirische Steppe mussten die flächigen Weiten vor Riga herhalten und die typischen russischen Holzbauten waren in Lettland als an vielen Stellen ebenfalls vorhanden. Dadurch erhielt der Film eine durchgehende Authentizität in der bildhaften Umsetzung der szenisch notwendigen Umgebung. (Für die nachfolgende Filmbeschreibung nutze ich die in den erläuternden Schrifttafeln des Stummfilms verwendete Schreibweise der Eigennamen. Da ich annehme, dass es nicht vielen möglich ist den Film zu sehen, habe ich die Beschreibung etwas ausführlicher vorgenommen)
Getarnt als Kaufmann Nicolas Korpanoff setzt er sich in den Zug nach Osten, gefolgt von den Journalisten, die aus dem Gebiet der kriegerischen Auseinandersetzungen berichten wollen. Im Zug lernt Strogoff / Korparoff die junge Frau Nadia Fedor kennen, die er vor aufdringlichen Fahrgästen bewahrt (Szenenbild links: Strogoff (mitte) und Nadja (im gegenüber links), aus /1/). In Nijnii Novgorod (Nischni Nowgorod) ist die Fahrt erst einmal zu Ende, denn in der dortigen Passstelle muss eine Permissionserteilung vorliegen um weiter nach Irkusk zu gelangen. Dorthin will auch Nadja, die dort ihren Vater besuchen will. Dies wird ihr verwehrt und so gibt Strogoff vor, Nadjas Bruder zu sein. Gemeinsam geht es mit einem kleinen Schiff weiter auf der Volga (Wolga). Mit an Bord ist eine Zigeunerkapelle, dessen Tänzerin Sangarre in Diensten der Tataren steht. Bei ihr befindet sich der Verräter Ogareff, denn die beiden sind ein Paar. Sangarre hat erfahren, dass ein Kurier von Moskau in Richtung Osten unterwegs sein soll. Ogareff ist gewarnt.
Wechsel
der Orte: Während die Tataren unterwegs nach Irkusk (Irkutsk) sind,
sehen wir den Gouverneur von Irkusk. Vassili, der Vater von Nadja, hat
inzwischen die Gunst des Gouverneurs gewonnen. Während sich die
Situation zuspitzt, führt Nadja den erblindeten Strogoff durch die
Wildnis der Schneelandschaft entlang der Angara. Dem Gouverneur wird
Strogoff avisiert, aber Ogareff stellt sich vor und übergibt den
geöffneten Brief des Zaren. Dann bitte er um Erlaubnis vor die
Frontlinie vor der Stadt zu gehen, um die Verteidigung zu organisieren.
Zwischenzeitlich, nach einem entbehrungsreichen Marsch, erreicht unser
Paar das zerstörte Dorf Semilowskoje. Strogoff möchte, dass Nadja zu
ihren Vater geht, aber Nadja will ihn nicht verlassen (Bildmotiv wie
links auf dem Titel des Film-Kuriers). Als Strogoff am Abend im
Gegenlicht die Schemen einer Christusfigur erkennt, bemerkt er, dass er
nicht vollends erblindet ist. Die eindringenden Tataren werden nun zurückgeworfen, da die Russen voller Verzweiflung kämpfen. Dabei wird auch die Spionin Sangarre gefangen, die es fast geschafft hätte, Strogoff als Verräter zu beschuldigen. Als es dann ein Wiedersehen zwischen Nadja und ihrem Vater gibt, zeichnet sich schon das Happy End ab. Die Russen siegen, vertreiben die Eindringlinge und es gibt eine Siegesfeier in Moskau - natürlich mit Strogoff und Nadja als Paar. Bemerkungen: Ziemlich schnell hatte ich vergessen, dass ich einen Stummfilm ansah. Die eindrücklichen Bilder, die überzeugende Mimik und Gestik machten, ergänzt durch sparsame Erläuterungstafeln, den Film sehr anschaulich. Besonders gelungen fand ich die detaillierten und stilistisch exakten Außenaufnahmen, die durch eine gute und natürliche Darstellung der ländlichen einfachen russischen Lebensart ergänzt wurden. Im Gegensatz dazu standen die „durchgestylten“ Hauptakteure Strogoff und Nadja, die erst in Sibirien authentischer wirkten. Eine Nadja die in Pariser Mode im Zug nach Sibirien unterwegs ist, wirkte etwas deplatziert. Der
ganze Film strahlte den morbiden Charme
vergangener Zeiten aus, Glanz und Gloria, bittere Armut und den
Schrecken eines Krieges. Obwohl ich eine kolorierte Fassung des Filmes
sah (die nicht immer durchgehend erhalten war), fand ich
Darstellungsmöglichkeiten des damaligen Filmemacher sehr beeindruckend.
Dazu gehören die Ergebnisse der Ausleuchtung mit einer exakt geplanten
Licht- und Schattenarbeit, die gewaltigen Massenszenen, die vielen
Pferde und Wagen, die Holzhäuser, Fähren und Schiffe und die nur
sparsam eingesetzten und geschickt geschnittenen Studioszenen, die die
Außenaufnahmen ergänzten. Das Einzige was mir auf der
Negativseite auffiel,
war der oft als unglaubhaft zu sehende Zufall (siehe das
„Familientreffen“ in Omsk) und die fehlende Logik in der Mission des
Botschaft des Zars. Denn was hatte Storgoff erreicht, als er mit leeren
Händen in Irkusk ankam? Er hatte zwar den Verräter Ogareff zur Strecke
gebracht, aber seine eigentliche Aufgabe hatte er nicht erfüllt ...
Aber das kann nichts daran ändern, dass ich das Filmwerk mit zu einer
der gelungensten Umsetzung der Bücher Jules Vernes zähle.
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Französische Plakate: Nun möchte ich ein paar Plakate aus der zeitgenössischen Werbung vorstellen: Die drei französischen Beispiele zeigen symbolhaft Filmszenen. Links oben den Bärenkampf im Ural, unten links die beiden Journalisten Jolivet und Blount und daneben die publikumswirksame Szenen nach der Blendung.
Der internationalen Literatur folgend, hätte ich noch ein viertes Plakat oben einreihen können. Aber das rechts zu sehende russische Plakat ist ein klassisches Beispiel, wie die Fehlinterpretation eines Bildmotivs in Folge zu vielen Verwechselungen führen kann. Auch ich hatte die Fotovorlage des russischen Plakates schon in schwarz / weiß gesehen (siehe unten links in s/w, zitiert aus DEMERLIAC /2/). Es soll sich um um Ivan Mosjoukine als Strogoff und Acho Chakatouny als Ogareff aus der franz. Verfilmung von 1926 handeln. Die beiden Figuren sind ganz gut im rechts dargestellten russischen Plakat wieder zu erkennen. So wurde dieses Plakat in mehreren Publikationen der vorgestellten 1926er Verfilmung zugeordnet, allerdings mit dem Vermerk „Moskau 1936“. Stutzig wurde ich, als ich mir vorstellte, dass die Russen 1936 noch so begeistert von einem Stummfilm gewesen sein sollten. Als ich den Namenszug der Hauptdarsteller der 26er Verfilmung vermisste, dachte ich zuerst an eine stalinistische Auflage, waren doch die darstellenden Exilrussen vor der Novemberrevolution nach Frankreich geflohen. Als ich dann nochmals in Ruhe die kyrillischen Namen las, kam mir die Erleuchtung: Mit „A. Wolbruk“ war offenbar der deutsche Schauspieler Adolf Wohlbrück (1896 – 1967 / später Anton Walbrook) gemeint. Dieser stellte den Strogoff in mehreren Varianten einer Verfilmung dar, die alle von J. N. Emolieff produziert wurden. Es gibt jeweils immer mit der Hauptrolle A. Wohlbrück als Michael Strogoff Versionen aus den Jahren 1935 bis 1937 aus Deutschland (unter der Regie von Richard Eichberg mit Außenaufnahmen 1935 in Bulgarien), aus Frankreich und von 1937 aus den USA (auch unter The Soldier and the Lady bekannt). In einer Quelle wird auch noch eine vierte Versionen angesprochen. Also 26er Bildmaterial für eine 35/36er Verfilmung? Das scheint völlig fehl am Platze. Schräg im Plakat steht „französische Ausgabe von Michail Strogoff“ - damit wird einiges klarer. Zum Glück habe ich Bildmaterial des Filmes der deutschen Version von 1936 (siehe Bild unten mittig /3/) und so löst sich das Ganze auf.
Es handelt sich
wirklich um die 1936er Variante des Strogoff. Selbst DEMERLIAC /2/
hatte sich bei der Bildauswahl vertan: Es handelt sich in allen Fällen
um die Verfilmung von 1936
und nicht von 1926. Und wenn man jetzt die ganz oben links
kolorierte Darstellung von Mosjoukine ansieht, dann erkennt man die
Unterschiede zu den Darstellungen von Adolf Wohlbrück. Die in der
damaligen Sowjetunion gezeigte Verfilmung bezog sich demzufolge auf die
französische Variante des 1935/36er Films, der seinen Niederschlag auf
dem
russischen Plakat fand. Genug gerätselt: Hier stelle ich die 1936
gefertigte deutsche Version des FIlmes vor: |
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Hinweis: Beschrieben werden nur in meiner Sammlung befindliche Bücher und Verfilmungen. |
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Copyright © Andreas Fehrmann – 12/2008, letzte Aktualisierung 11. Januar 2016