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Collection Fehrmann Jules Vernes „Voyages extraordinaires"- Band VE 49 - |
Beispielbuch:
Buch oben. © Verlag Neues Leben, Berlin 1985, 1. Auflage, L-Nr.: 303(305/72/85) CF /4901/
QUELLEN: /1/ Frontispiz von Roux aus: Jules Verne Les histoires de Jean-Marie Cabidoulin; Bibliothèque des Succeès Scolaires, J. Hetzel, Paris, ca. 1902; Les Voyages Extraordinaires; CF /4903/ /2/ Volker Dehs: Jules Verne – eine kritsche Biographie; Pathmos 2005; Zitat von S. 432 (CF /5513/) /3/ Digitale Bibliothek: Hrsg. Wolfgang Thadewald Jules Verne Romane: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin. Jules Verne: Werke, S. 30025 (vgl. JV-58, S. 59) /4/ Werner P. Lange: Seeungeheuer – Fabeln und Fakten VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig 1979, Zitat von Seite 29 /5/ Digitale Bibliothek: Hrsg. Wolfgang Thadewald Jules Verne Romane: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin. Jules Verne: Werke, S. 30263 (vgl. JV-58, S. 205) /6/ Wikipedia, basierend auf Harper's Weekly vom 3. März 1860. Dort ist das Bild entnommen worden, welches die folgende Erläuterung hatte: „Oarfish that washed ashore on a Bermuda beach in 1860. The animal was 16 ft long and was originally described as a sea serpent.“ /7/ Hrsg. Richard Schmidtlein: Brehms Tierleben 2. Auflage 3. Band; Bibliografisches Institut Leipzig und Wien 1902; Bildzitat und Fakten von Seite 297 /8/ Jules Verne et Jules Hetzel: Magasin D'Éducation et de Récréation; Neue Serie 7. Jahrgang, 2. Halbjahr 1901; Bildzitat von Seite 33; CF /6639/ /9/ Die Sichtung der Seeschlange aus /1/; Bildzitat von Seite 53 /10/ Zeitgenössische Postkarte (gelaufen 1903): Abfahrt eine Küstenschiffes nach Trouville im Hafen von Le Havre. Das Schiff muss seeseitig die Mündung der Seine überqueren; CF /21106/ /11/ Foto © Fehrmann 10/2022 Alle Buchquellen: Collection Fehrmann Ergänzung: Untersuchungen und Quervergleiche
der damaligen Veröffentlichungen, Zitate aus dem Jules Verne Werk
(unterschiedliche Bücher) und deren Interpretationen der Kryptozoologie
sind Inhalt der französischen Seiten dieses externen Links Buch unten: Hartleben Broschur-Ausgabe von 1902 - CF /4904/
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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin (1901), auch: Monsieur Cabidoulin und die Große Seeschlange
Der Walfänger „Saint Enoch“ soll zur nächsten Walfangreise auslaufen, doch es gibt noch ein Problem. Das Schiff kann aus zwei Gründen nicht in See stechen. Es liegt im Hafen von Le Havre (Bild unten rechts: Hafenausfahrt um 1903 /10/) fest, weil erstens der notwendige Schiffsarzt und zweitens der schiffseigene Böttcher fehlt. Letztgenannter ist zur Konservierung des Fanges auf einem Walfänger ein wichtiger Mann. Er hat defekte Fässer zu reparieren, aber auch nach der Trangewinnung die Fässer zu verschließen. Kapitän Bourcart ist unglücklich, denn die bevorstehende Saison in den Südmeeren ist kurz vor der Vorbereitung. Da bewirbt sich der junge Schiffsarzt Dr. Filhiol, der sofort die Zustimmung des Kapitäns findet. Der junge Mann hat aber noch einen Tipp parat: Warum wird nicht der zweiundfünfzigjährige Jean-Marie Cabidoulin, ein alter Seebär, angesprochen? Der hat schon seit seiner Jugend die Meere durchkreuzt. Aber der kauzige Alte ist voller Aberglauben und düsterer Prophezeihungen und damit allgemein bei den Fahrensleuten unbeliebt. Aber der Kapitän hat keine Alternative, knurrend muss er zustimmen. Cabidoulin wird angeheuert (siehe Bild weiter unten rechts: Cabidoulin kommt an Bord /8/)
Und so liegt uns der einzige Roman aus den Voyages Extraordinaires vor, der einen offenen Schluss besitzt. Volker Dehs schreibt dazu: „Gegenüber dem Manuskript, in dem der Erzähler für die biologische Version plädiert, hat Jules Verne in der veröffentlichten Fassung die Verrätselung vorgezogen und noch gesteigert, was nicht .... auf eine Weisung des Verlegers zurückgehen muss, sondern schon im Roman selbst angelegt ist.“ /2/ Interessant sind die Namensgebungen im Roman. Hatte ich doch schon bei einigen anderen Romanen darauf aufmerksam gemacht, dass es zu einer Anlehnung an geografischen Namen bei der Vergabe der Namen der Helden gab, hat sich Verne hier etwas anderes einfallen lassen. Der Titelheld Cabidoulin war in Vernes Jugend der Besitzer einer Hafenkneipe in Nantes. Weiterhin befindet sich an Bord der Saint Enoch auch der Kapitän von Vernes Saint Michel III, nämlich Kapitän Ollive. Aber es geht noch weiter: Auch einige andere Personen lassen sich auf Freunde und Bekannte aus Vernes Leben an den unterschiedlichsten Wohn- und Wirkungsstätten zurück führen. Wollte der Meister diesen Personen ein Denkmal setzten? Wie so oft im Romanschaffens Vernes, liegt auch dieser Idee des „Romanaufhängers“, also der Seeschlange, eine vorangegangene Faktensuche, eine Art Literaturrecherche zu Grunde. Lassen wir uns durch Romandetails zu den Quellen führen.
Die Sichtung der Seeschlange (Bild links /9/) ist im Roman von zentraler Bedeutung. Aus Plausibilitätsgründen lässt Verne etwas weiter im Text Cabidoulin folgende Sätze sagen: „ ... Zehn oder zwölf Jahrhunderte später berichtete dann der norwegische Bischof Pantoppidan von einem Seeungeheuer, dessen Hörner mit Rahen ausgerüsteten Masten glichen, und wenn die Fischer sich auf tiefem Wasser zu befinden glaubten, fanden sie oft schon einige Fuß tief Grund, weil jenes Thier unter dem Kiel ihrer Schaluppe hinschwamm. Ja man verstieg sich sogar zu der Behauptung, das Thier habe einen ungeheuer großen Pferdekopf, schwarze Augen und eine weiße Mähne.“ /3/ Der Bezug ist schnell hergestellt. Der Bischof Erik Pontoppidan veröffentlichte 1752 / 53 eine Naturgeschichte Norwegens. Dort ist eine beschworene Aussage des Lotsenkapitäns von Ferry, der eine Seeschlange gesehen haben will. „Über das Aussehen seines Opfers (Anm. A.F.: Er hatte auf das Tier geschossen) berichtete von Ferry: >Der Kopf der Seeschlange, den sie mindestens 60 Zentimeter hoch aus dem Wasser hielt, glich dem eines Pferdes. Er besaß eine graue Färbung, das Maul hingegen war schwarz und groß. Die Augen waren ebenfalls schwarz. Eine lange, weißliche Mähne hing bis zur Wasseroberfläche nieder.<“ /4/ Genau diese Beschreibung wurde auch von Verne übernommen, denn als die Saint Enoch sich wie von selbst bewegt, macht sich Cabidoulin so seine Gedanken: „Wenn er sich über die Reling hinausbog, glaubte der Mann thatsächlich, den Kopf des Ungeheuers zu sehen, einen Pferdekopf mit furchtbarem Schnabel, der aus einer dichten Mähne hervortrat, und dann, einige hundert Fuß weiter hin, den fürchterlichen Schwanz, der wüthend auf das Wasser schlug, so daß es in weitem Umkreise aufspritzte und schäumte. „ /5/
Die Beschreibung dieses Tieres deckt sich auch mit meinem Brehms Tierleben von 1902 zum Thema Bandfische oder Riemenfische, wobei dort auch noch andere Fundorte genannt wurden: „... Höchst eigenartige Erscheinung ... Sehr langer und hoher, seitlich aber ungemein zusammengepresster, daher bandartiger nackter Leib. .... Am 23. Februar 1788 an der großbritannischen Küste gesichteter Fisch .... Man gab ihm den Namen Riemenfisch, weil man ihn mit einem Ruder verglich.“ Exemplare wurden mehrfach aufgefunden und hatten eine Größe bis zu 6 Metern Länge. (Fakten und Bild rechts /7/). Jetzt haben wir zwar keine endgültige Erklärung des Rätsels Seeschlangen, aber immerhin haben wir eine Parallele zur bildhaften Beschreibung Vernes, die einen biologischen Hintergrund haben könnte. EINE ENTDECKUNG AM RANDE Bei
einer unserer Frankreichreisen entdeckten wir in der Nähe vor St.
Naziere, der Hafenstadt die rund 60 Km von Vernes Geburtsort Nantes
entfernt am Atlantik liegt, die Skulptur einer Seeschlange (Bild unten
/11/). Sie befindet sich am anderen Ufer der Loire-Mündung in der Nähe
des Badeortes Saint-Brevin-les-Pins. Es handelt sich um ein Kunstwerk
des Künstlers Huang Yong Ping. Die metallene Schlange hat eineLänge von
etwa 130 Meter. Seit 2012 ist sie eine Besucherattraktion. Für mich
eine sehr gelungene Umsetzung einer Fantasie a la Jules Verne - ob
diese auch den Künstler inspirierte ist mir allerdings nicht bekannt ...
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Hinweis: Beschrieben werden nur in meiner Sammlung befindliche Bücher und Verfilmungen. Dargestellte Bücher sind Beispiele daraus. |
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© Andreas Fehrmann 07/2000, letzte Aktualisierung 1. November 2022