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Collection Fehrmann Jules Vernes „Voyages extraordinaires"- Band VE 51 - |
Beispielbücher:
Buch oben: © 1984 Pawlak Taschenbuchverlag, Berlin, Herrsching. ISBN: 3-8224-1084-5 - Nachdruck v. Verlag A. Hartleben, Inh. Dr. W. Rob, Wien I. Ungekürzte, nur orthographisch angepasste Ausgabe. Pawlaks Collection Jules Verne Band 84 und 85 (Band 2, ISBN 3-8224-1085-3); CF /5101/ /5102/
Bourses de Voyages, Collection Hetzel, Paris 19.11.1903 mit Chromotyphographien, CF /5104/ - /4/
QUELLEN: /1/ Reisestipendien, Bekannte und unbekannte Welten 83. und 84. Band, Verlag A. Hartleben's Verlag Wien und Leipzig 1904, CF /5103/ /2/ Kingstown auf der Antillen-Insel St. Vincent; aus Goldene Bibliothek der Bildung und des Wissens, Buch: Erd- und Völkerkunde; Bilz Verlag Leipzig 1905; Seite 426 (Collection Fehrmann) /4/ siehe franz. Buch oben /5/ Bildzitat aus /4/; Bild zwischen Seite 424/425, /6/ Bildzitat aus /1/ Seite 393 /7/ Zeitgenössische Postkarte, unmittelbar nach dem Unglück erstellt, denn sie war am 26. Juni 1902 versendet worden, nur wenige Tage nach der Katastrophe. CF/21396/ /8/ Fussnote im franz. Original auf S. 285 des 2. Bandes, bei Hartleben auf S. 295, daraus ist auch das Zitat, Quelle /1/
DANKE sage ich Peter Heinze, der für uns die Vielzahl der lateinischen Zitate übersetzte. |
Reisestipendien (1903)
Schon der Beginn der Geschichte würde auch heute noch die Herzen von Schülern schneller schlagen lassen: Zum Schuljahresabschluss wird an der „Antilian-School“ in London eine besondere Prämierung vorgenommen. Die Besten des Jahrgangs sind die Gewinner einer gestifteten, aber bis dato noch nicht näher definierten Reise geworden. Unter großem Beifall der Kommilitonen werden die acht Preisträger, eine bunt gemischte Schülergruppe unterschiedlicher Nationen, bekannt gegeben. Die Verschiedenartigkeit der Nationen erklärt sich aus dem Umstand, dass diese Schule als „Unterrichtsanstalt für die Söhne (der) auf den Großen und Kleinen Antillen ansässiger Kolonisten gegründet worden, für junge Leute aus >Antilien“<, wie man heutzutage schon vielfach sagt.“ /Zitat aus nebengenannter Quelle/ gegründet worden war. Stifterin der Reise ist die Millionärin Mistress Seymour, die einsam auf den Antillen lebend ein wohltätiges Werk tun möchte. Die ganze Schule fiebert nun um die Bekanntgabe des Reiseziels der Gruppe, die tollsten Vermutungen gehen durch die Schülerköpfe. Da endlich kommt die lang ersehnte Post. Und das Ziel? Der Besuch aller Antilleninseln, also der eigentlichen Heimat der Schüler. Entsprach das zwar nicht zuerst den Phantasien der Schüler, so hatten sie sich doch bald damit abgefunden. Versprach doch die Reise mit einer Segelyacht quer über den Atlantik und danach von Insel zu Insel doch eine Befriedigung jugendlicher Abenteuerlust. Das Finale der Reise sollte durch einen Besuch bei Mistress Seymour gekrönt werden, die jedem der Ausgezeichneten noch ein Reisestipendium von jeweils 700 Pfund Sterling übergeben wollte! Da
man die Jungs (die aber schon zwischen
18 und 20 Jahre alt waren) nicht allein Reisen lassen wollte, musste
der Direktor noch eine Vertrauensperson finden, die die Gruppe führen
sollte. Dies war der etwas kauzige Verwalter der Schule, der frühere
Lateinlehrer Patterson. Die
Reise sollte auf dem Segler „Alert“
unter Kapitän Paxton vom Hafen von Queenstown, in der Bucht von Cork
erfolgen. Der kleine Segler mit zehn Mann Besatzung versprach eine
interessante Passage, ganz nach dem abenteuerlichen Geschmack der
jungen Passagiere. Natürlich war das ganze Vorhaben auch von der Presse
aufgegriffen worden und die Leserschaft nahm regen Anteil an den
Reisevorbereitungen.
Diese Mitteilungen wurden aber noch von anderen ausgewertet: Aus dem Gefängnis von Queenstown waren zehn Meuterer unter ihrem Führer Harry Markel ausgebrochen. Für sie war eigentlich der Strick reserviert, hatten sie doch eine blutige Spur in ihrer „Laufbahn“ hinterlassen. Der tollkühne Markel hatte sofort die Chance erkannt: Die im Hafen auf die Schüler wartende Alert bot die Fluchtmöglichkeit! Kurz darauf enterte er die Yacht und seine Leute meuchelten die gesamte Mannschaft. Sofort wollte man das Weite suchen, doch des Wetter machte einen Strich durch die Rechnung – Windstille! Ein verlassen des Hafens war unmöglich. Jetzt wurde die Lage langsam brenzlig, denn jeden Augenblick musste die Schülergruppe eintreffen. Am nächsten Morgen war es dann so weit. In einem kleinen Boot wurde die Schüler und ihr Reiseleiter übergesetzt. Spontan unterwies Markel seine Leute die Rolle der Originalbesatzung einzunehmen. War die Übernahme ohne Verdacht geglückt, so konnte man sich der Passagiere bestimmt leicht auf offener See entledigen.
Foto links: Kingstown auf
St. Vincent /2/ Das Reiseprogramm wurde
routiniert abgearbeitet und dem Leser werden nach und nach die
Antilleninseln und ihre Sehenswürdigkeiten erläutert.
Dabei kann man gut den
Zeitraum der Entstehung des Romans mit dem damaligen Zeitgeschehen
vergleichen. Denn die Beschreibung des Ortes St. Pierre auf Martinique
erfolgt zwar mit den Erläuterungen früherer Naturkatrastophen, aber der
große Ausbruch des Mont Pelee am 7. Mai 1902 in direkter Nachbarschaft
von Sant Pierre, dem viele Menschen zum Opfer fielen, wird von Verne
nicht beschrieben. Daraus schlussfolgere ich, dass dieser Abschnitt
schon fertig geschrieben war. Offenbar kurz vor Drucklegung hat man im
4. Kapitel des 2. Teils des Romans die folgende Fussnote eingefügt: Hier
sei beiläufig an das entsetzliche Unglück erinnert, wovon Martinique
wenige Jahre später heimgesucht wurde. Am frühen Morgen des Hier sei
beiläufig an das entsetzliche Unglück erinnert, wovon Martinique wenige
Jahre später heimgesucht wurde. Am frühen Morgen des 8. Mai 1902 wurde
ein Teil der Insel durch Erdbeben und einen furchtbaren Vulkanausbruch
verwüstet. Saint-Pierre, das von Fort-de-France zweiundzwanzig
Kilometer weit entfernt liegt, wurde von den giftigen Dunstmassen, die
aus dem Krater des Mont Pelé hervorquollen, eingehüllt und von dem
Aschenregen begraben, der seine Umgebung weit und breit bedeckte. Viele
Tausende der Bewohner erstickten dabei infolge der Einatmung der
glühend heißen Luft. Die Katastrophe zerstörte jedoch nur den nach dem
karaïbischen Meere zu gelegenen Teil der Insel, der durchgängig
vulkanischer Natur ist. Sogar auf dem Meere verunglückten bei dieser
Gelegenheit noch eine Anzahl Schiffe oder hatten wenigstens Tote zu
beklagen.8. Mai 1902 wurde ein Teil der Insel durch Erdbeben und einen
furchtbaren Vulkanausbruch verwüstet. Saint-Pierre, das von
Fort-de-France zweiundzwanzig Kilometer weit entfernt liegt, wurde von
den giftigen Dunstmassen, die aus dem Krater des Mont Pelé
hervorquollen, eingehüllt und von dem Aschenregen begraben, der seine
Umgebung weit und breit bedeckte. Viele Tausende der Bewohner
erstickten dabei infolge der Einatmung der glühend heißen Luft. Die
Katastrophe zerstörte jedoch nur den nach dem karaïbischen Meere zu
gelegenen Teil der Insel, der durchgängig vulkanischer Natur ist. Sogar
auf dem Meere verunglückten bei dieser Gelegenheit noch eine Anzahl
Schiffe oder hatten wenigstens Tote zu beklagen. /8/ Das Markel seine Männer nicht an Land gehen ließ, das Risiko eines verräterischen Hafenkneipenbesuchs seiner Leute war im einfach zu groß, wurde sogar noch als hohe Diszipliniertheit angesehen. Endlich war das Ziel der Reise erreicht und nach dem Besuch bei Mistress Seymour wurden die Stipendien an die Schüler, an Patterson und an den falschen Kapitän Paxton übergeben. Die Stunden der Passagieren schienen gezählt zu sein.
Aber die Elemente haben sich gegen die Jungs verschworen. Windstille und Sturm lassen eine schnelle Rückkehr unmöglich werden. Da bricht Feuer im Schiff aus (siehe Bild links /5/), offensichtlich hat sich Branntwein entzündet. Wieder verlassen die Jungs unter Mitz im Beiboot das Schiff. Gerade noch rechtzeitig, denn kurz darauf richtet das Feuer und der Untergang der Yacht die Mörder unter Markel. Kurz darauf wird die Gruppe durch ein vorbeikommendes Schiff aufgenommen und alle gelangen wieder nach England zurück (siehe Bild rechts /6/) Bemerkungen:
Als Jules Verne diesen Roman schrieb, befand er sich in
der Phase der „Rückbesinnung“. Er reflektierte auf Themen seiner
eigenen Jugend oder er griff Themen oder Umstände auf, die er bereits
schon in anderen Romanen genutzt hatte. So war der Ausflug einer
Schülergruppe schon in: Mein Resümee: Die eigentliche Grundidee der Geschichte hätte bequem in einem Band oder sogar in einer Kurzgeschichte untergebracht werden können. Die teilweise schon etwas ermüdenden Detailschilderungen der einzelnen Antilleninseln sind aber so umfangreich mit Fakten gefüllt, dass aus der Kurzgeschichte ein zweibändiger Roman wurde. Gerade die Faktenlistung, an einen Reiseführer erinnernd, verleitete mich öfters an ein „überlesen“ von einzelnen Passagen. In der mir vorliegenden Version der deutschen Übersetzung waren die umfangreichen lateinischen Wortspiele Pattersons leider nicht als Fußnoten etc. erläutert. So blieb mir als „Nichtlateiner“ der bestimmt vorhandene Wortwitz Vernes leider in diesen Passagen verborgen. Erst mit Hilfe von Peter Heinze konnte ich Licht in die Vielfalt der lateinischen Zitate bringen.
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Hinweis: Beschrieben werden nur in meiner Sammlung befindliche Bücher und Verfilmungen. Dargestellte Bücher sind Beispiele daraus. |
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© Andreas Fehrmann 03/2001, letzte Aktualisierung 20. Juli 2021