Quellen:
/1/ Originalphoto auf Karton: Aufgenommen vom Fotostudio PHOTOGRAPHIE THIEBAULT; 31 Boulevard Bonne Nouvelle, 31, Bildgröße im Original: 6,5 x 10,5 cm, Bild von 1870/71 – CF
/21347/
/2/ Jules Verne
et André Laurie: L’Épave
du Cynthia Pierre-Jules Hetzel - Bibliotheque
D'Education et de Recreation Paris, Ausgabe 1885 - CF /8201/
/3/ Max Popp: Julius Verne und sein Werk;
A.
Hartleben's Verlag Wien und Leipzig 1909; Zitat von Seite 97 – CF /5503/
/4/ Volker Dehs: Jules Verne – Eine kritische
Biographie; Artemis & Winkler 2005; Zitat von
Seite 277 - CF
/5513/
/5/ aus /2/, Bildzitat von
Seite 54 /6/ A. Laurie und J. Verne: Der Findling von der Cynthia; Jules-Verne-Club 2017; teilweise koloriert, 338 Seiten; CF /8202/
/7/ Aus meiner Postkartensammlung: Stockholm - Kungl. Posthuset;
1905; CF /21334/. Dieses Motiv hatte ich aufgrund der Belebtheit der
Straßenszene in Stockholm ausgewählt. Sachlich ist die Zeit nicht
korrekt, denn der Roman erschien zehn Jahre bevor die Königliche
Zentralpost in der heutigen Vasagatan 28-34 gebaut wurde (korrekt: 1898
bis 1903)

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Das Wrack der Cynthia, auch: Der
Findling vom Wrack der Cynthia oder Der Findling von der Cynthia; eigentlich: L’Épave du Cynthia
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1885
Der Roman L’Épave du Cynthia
wurde 1884 von André Laurie geschrieben. Dies ist der Künstlername von Paschal
Grousset 1844 – 1909, siehe Bild links /1/; Bilder und weitere Details siehe beim Link des u.g. Roman Die 500 Millionen der Begum. Der
Roman erschien 1885 in einem Band mit 22 Kapiteln unter der angegebenen
Autorenschaft von Jules Verne und ihm. Aufgrund der werbewirksamkeit
des Namens Jules Verne, wurde dessen Anteil hochgespielt und in der
Titelei wurde stehts Verne als erster genannt. Die Reihenfolge der
Veröffentlichungen war wie folgt: Eine Vorab-Veröffentlichung gab es
unter dem genannten Titel im Magasin
Band 41 vom 1. Januar 1885
bis zum Band 42 am 15. November 1885. Leicht zeitlich versetzt
erschien L’Épave
du Cynthia Ende
des Jahres 1885 mit 266 Seiten und 27
Illustrationen von George Roux (siehe /2/, es ist genau dieses
Exemplar) bei Pierre-Jules Hetzel in Paris. Das Buch wurde nicht in die
Voyages Extraordinaires integriert, was auch dem Vortitel zu entnehmen
ist, dort fehlt die bekannte Kopfzeile, sowie dem Buchformat (ca. 22 x
16 cm = 8°). 1886 erschien dann eine 342-seitige Ausgabe im „in-18
Format“ (ca. 27 x 19 cm), ebenfalls von Roux illustriert. Noch mal
zum Marketing: Hetzel als Verleger wollte vom Bekanntheitsgrad
Vernes
profitieren. Das dies kein Geheimnis war, wusste schon der
Verne-Biograph Popp 1909 zu berichten: „Nur einen Roman hat Verne in
Mitarbeit mit einem anderen Schriftsteller verfaßt, es ist dies die
ausgesprochene Jugenderzählung »Der Findling vom Wrack der Cynthia«.“
/3/, was aber so nicht ganz korrekt war. Denn Vernes Mitarbeit war
wesentlich geringer. So lesen wir bei Volker Dehs: „Einer persönlichen
Notiz von Louis-Jules Hetzel (Anmerkung A.F: Dem Sohn des Verlegers
Pierre-Jules Hetzels) zufolge sollte >L’Épave du Cynthia<
in die Reihe der >Außergewöhnlichen Reisen< integriert
werden, sobald der Erfolg dies gerechtfertigt hätte – doch dieser blieb
aus ( ... ). Groussets erhaltenes Manuskript zeigt, dass sich Vernes
Korrekturen wie bei Marcels Geschichtswerken zum Großteil auf Kürzungen
und sprachlichen Verbesserungen beschränkten; von einer persönlichen
Zusammenarbeit der beiden Autoren kann also auch in diesem Fall keine
Rede sein.“ /4/. Um noch mal auf Popp zurück zu kommen: Seine Aussage
widerspiegelte den damaligen Wissensstand. Inzwischen ist auch bekannt,
dass Vernes Werk Die
500 Millionen der Begum (1879) und
Der
Südstern (1884) auf
einer Vorlage von Grousset's
basieren. Aufgrund der nur geringfügigen Beteiligung von Jules
Verne an der
Cynthia
wurde das Werk in der Complete
Jules Verne Bibliography by Volker Dehs, Zvi Har'El & Jean
Michel Margot unter
X. Apocrypha, Nummer 2
erfasst.
Um
den norwegischen Jugendlichen Erik Hersebom ranken sich Geheimnisse.
Der mit einer bemerkenswerten Intelligenz ausgestattete Erik wurde in
jungen Jahren vomverne93.html Fischerehepaar Katrina und Maaster Hersebom als
Findelkind im Alter von nur wenigen Monaten aufgenommen. Wie durch ein
Wunder war dem Untergang des Schiffes „Cynthia“ lebend entkommen. Der
Fischer Hersebom hatte das Kleinkind festgebunden an einem Rettungsring
im Wasser treibend "aufgefischt". Als er in das schulfähige
Alter kommt, hebt er sich merklich vom Intellekt der anderen
Fischerkinder ab. Glücklich und wohlbehalten wächst er in der Familie
Hersebom auf (Bild links: Erik auf seinem Stammplatz im Kreise der
Familie. Vanda, die Tochter Hersebom's schenkt ihm ein /5/).
Aber die Begabung
Eriks spricht sich herum
und so nimmt sich der wohl habene Doktor Roff Schwaryencrona Eriks an,
um ihm in Stockholm (Bild links /7/) eine höhere Ausbildung zu ermöglichen. Dieser
stellt aber auch dem Adoptivvater fragen: Hat dieser genügend nach der
Herkunft des Findelkindes geforscht? Welcher Nationalität gehört es an? Rein vom Äußerlichen unterscheidet
er sich schon von den nordländischen Völkern. In Abstimmung mit dem alten Hersebom annonciert Schwaryencrona
in internationalen Zeitschriften, aber ein Erfolg stellt sich nicht
ein. Durch den
Doktor gefördert nimmt der Junge eine medizinische Ausbildung auf, aber
im
Herzen hat er andere Ambitionen. Zum einen zieht es ihn in die Ferne
und außerdem möchte er das Rätsel seiner Herkunft lösen. Parallel zur
Medizin macht er sein Patent zur See, überlegend, dass er so "nebenbei"
vielleicht seine Herkunft enträtseln könnte.
Durch die Nachforschungen über die Herkunft oder
die Nationalität der "Cynthia" gelangt man nach New York. Wie
durch ein
Wunder scheint es einen
Zeugen des damaligen Untergangs der „Cynthia“ zu geben: Erik
erfährt, dass es einen Iren Patrick O'Donoghan geben soll, der zu
damaliger Zeit unter Heuer auf dem Schiff war. Aber wo kann man ihn
finden? In den Staaten verlor sich die Spur. Durch einen
Zeitungsbericht eines Forschers bekommt Erik einen neuen Hinweis: O'Donoghan
soll zur Insel Liakow quer durch das polare Eis nach
Sibirien gekommen sein... Als auch Eriks Mäzen Schwaryencrona davon
erfährt,
beschließt er, den Jungen bei seiner Suche zu unterstützen. So wird das
Expeditionsschiff „Alaska“ ausgerüstet, welches durch die
Nord-West-Passage zu der Gruppe der Plarforscher
gelangen soll. Eriks heuert als Offizier auf der
"Alaska" an.
Aber das Glück scheint den jungen Mann zu verlassen. Zuerst wird die
Fahrt der "Alska" sabotiert und dann wird ganz nahe am Ziel der
Nachforschungen der Zeuge durch ein Attentat getötet. Der
Amerikaner Tudor Brown schien
berechtigtes Interesse daran zu haben, dass es keinen Zeugen des
Unglücks gab. Aber auch er stirbt bei der Auseinandersetzung und so
verliert Erik die scheinbare Spur zur Lösung seine Geheimnisses.
Doch der Autor hat
eine Lösung parat: Wie
durch ein Wunder melden sich nach der Schilderung der dramatischen
Ereignisse in den Druckmedien die letzten Blutsverwandten Eriks: Seine
Mutter und sein Großvater leben noch in Paris! Und so findet zusammen,
was zusammen gehört (siehe linkes Bilddetail im Frontispiz). Aber das
Finale wird noch theatralischer: Der inzwischen zum reichen Erben
gewordene Erik kann die Tochter seiner Zieheltern, Vanda Hersebom in
seine Arme schließen. Vorhang zu! Auch
wenn die letzten Sätze etwas ironisch klingen, die Geschichte ist
packend und voller Wendungen. Auch wenn Grousset (Laurie) der
eigentliche Urheber des Romans ist: Das Genre, die Stilistik und auch
die Überzeichnung der handelnden Figuren und Ereignisse passen gut zum
Werk Vernes. Ich fühlte mich beim Lesen gut unterhalten und die
Schlussphase des Romans mit der Wieder-Vereinigung der
Familie fand ich sehr bewegend. Das dann aber noch eine
reiche Erbschaft dazu kam, war eigentlich zu viel des Guten. Deutschsprachige Verfügbarkeit: Im
November 2017 wurde die erste deutsche Übersetzung in einer
Sonderauflage des deutschsprachigen Jules-Verne-Clubs (JVC) mit 140
Exemplaren vergelegt (siehe /6/). Die Übersetzung erfolgte durch Gerd
Frank. Die sprachliche Umsetzung wirkte entstaubt, aber einige deutsche
Entsprechungen fand ich doch zu modern gewählt (wenn z.B. 1885 jemand
"in Rente geht" usw.). Das Bildmaterial wurde neben den s/w-Originalen
noch mit einer
jeweils kolorierten Version von Ralf Reinhardt ergänzt. Diese hätten
durchaus ausgereicht. Die jeweils doppelten Illustrationen empfand ich
als störend. Neben den drei
originalen Fußnoten gibt es erweiternd indizierte Hinweise, die im
Anhang des Buches als Erklärungen zu finden sind. Diese Lösung
erschwert die Lesbarkeit des Romans erheblich. Da viele Bemerkungen,
gerade auch die geografischen Hinweise, durchaus zur Verständlichkeit
des Romans beitragen, hätten auf der jeweiligen Seite platzierte
Fussnoten die Flüssigkeit beim Lesen erhöht.
Im Anhang sind zwei
interessante Nachworte von Bernhard Krauth und Volker Dehs enthalten,
die die Entstehungsgeschichte und die Hintergründe des Romans
beleuchten. Zum Titel: Da es im Roman kein Wrack gab und eigenlich
das Findelkind im Mittelpunkt steht, haben sich der Übersetzer und das
Lektoratsteam entschieden, den deutschen Titel Der Findling von der Cynthia zu nutzen.
Eine breitenwirksame, für alle interessierten Leser verfügbare Buchversion ist 2018 auf den Markt gekommen: André Laurie & Jules Verne: Der Findling von der Cynthia; Edition Dornbrunnen Berlin; ISBN 978-3-943275-33-9. Siehe Bild rechts (CF /8203/), eine Ausgabe aus der Reihe: Taschenschmöker aus Vergangeheit und Gegenwart.
Die Übersetzung und damit auch der Text sind identisch mit der
Sammlerausgabe vom JVC. Im Gegensatz zu dieser sind alle Erläuterungen
des Herausgebers zum Text auf der jeweils zutreffenden Seite als Fußnoten platziert worden. Die Nachworte von Krauth und
Dehs sind ebenfalls vorhanden. Das Buch beinhaltet alle originalen
Illustrationen in der ursprünglichen s/w Wiedergabe.
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