Zum
Menue: 20.000 Meilen unter den Meeren – 20,000 Leagues Under the Sea -
Vingt mille lieues sous les mers
Verne-Zitate
wie gewohnt in blau.
Quellen:
/1/ Hans
Kraemer (Hrsg.): Weltall
und Meinschheit;
1. Aufl. Deutsches Verlagshaus Berlin Leipzig Wien Stuttgart, ca. 1905;
4. Band; Seite 264
/2/
ebenda, Seite 265: Bildunterschrift: Fang
eines großen
Kephalopoden, Loligo Bouyeri, bei Teneriffa nach Alfred
Frédol: Le
monde de la mer Paris 1865.
/3/ Jules
Verne: Zwanzigtausend
Meilen unter dem Meeren Digitale Bibliothek; Herausgeber
W. Thadewald; S. 4907 (vgl. JV-11, S. 413)
/4/ MAGASIN
D'ÉDUCATION ET DE RÉCRÉATION
Band XIII 1870/71 Seite 69 (Buch CF
/6613/)
/5/ ebenda, Seite 70
/6/ P. Werner Lange: SEEUNGEHEUER Fabeln und Fakten;
VEB F.A: Brockhaus Verlag Leipzig 1979; Zitat von Seite 164
Alle Quellen aus Collection Fehrmann; ergänzend
dazu:
/7/
Bildzitat aus From
the Surface to the Bottom
of the Sea von H. Bouree, 1912, Bild 108 Seite 115;
gefunden bei: The
National Oceanic And Athmospheric Administration USA;
Library Call Number 525.8 B77.
|
Vernes
Riesenkalmar – historischer Hintergrund
Seit
meiner Schulzeit begeistere ich mich für antiquarische Bücher und so
habe ich im Laufe der Zeit einen größeren Fundus alter
populärwissenschaftlicher Werke. Als ich wieder mal ein Band in die
Hand nahm fiel mir ein Bild und ein Zitat auf – beide kamen mir sehr
bekannt vor. Hier mein Fund aus /1/ als Zitat: „Am 30. September 1861
begegnete der kaiserlich französische Avisodampfer Alecto, Kapitän
Bouyer mit dem französischen Konsul der Kanaren Sabin Berthelot an
Bord, etwa 400 Kilometer nordöstlich von diesen Inseln einen auf der
Oberfläche des Wassers schwimmenden Riesenkephalopoden, dessen
Körperlänge man ohne die Arme auf 5-6 Meter schätzte. Er hatte sehr
große blaugraue Augen und einen unheimlich starren Ausdruck, und sein
mit einer Art Papageischnabel ausgestattetes Maul hatte querrüber eine
Breite von schätzungsweise 50 Zentimeter. Der Körper war spindelförmig,
in der Mitte verdickt und wohl 2000 Kilogramm schwer. Man löste 20
Flintenschüsse auf das kolossale Weichtier, und so gelang es , dasselbe
an die Schiffsleine zu bringen. Leider entrutschte es hier den
befestigenden Tauen und fiel in das Wasser zurück. Man vermochte nur
ein etwa 20 Kilogramm schweres Stück zu retten und nach Saint-Croix auf
Teneriffa zu bringen. Das Tier soll am Körperende zwei Schwimmflossen
wie die Kalmare aber bloß acht Arme wie die Kraken gehabt haben. Die
beiden französischen Malakologen Crosse und Fischer nannten es zu Ehren
des Kommandeurs des Dampfers Alecto Loligo Bouyeri. Das
erläuternde
Bild basiert auf Alfred Frédol's: Le
monde de la mer Paris 1865 (Bild
/2/), durchaus eine Quelle, die Jules Verne genutzt haben konnte, als
er kurz darauf in Le
Crotoy an 20000
Meilen unter den Meeren schrieb.
Während
Arronax mit seinem Gehilfen und Ned Land an Bord der Nautilus über
Riesen-Kalmare philosophieren, klingt die Erläuterung des gleichen
Sachstandes bei Professor Arronax so: „....
Ich will die Begebenheit erzählen. Im Jahre 1861 bemerkte die
Mannschaft des Avisoschiffes Alecton nordöstlich von Teneriffa ungefähr
unter dem Breitegrade, wo wir uns jetzt befinden, ein Ungeheuer von
Kalmar, das in diesen Gewässern schwamm. Der Commandant Bouguer näherte
sich dem Thiere, griff es mit der Harpune und der Flinte an, ohne
großen Erfolg, denn Kugel und Harpune drangen durch das Fleisch
hindurch, das weich wie eine Gallerte ohne festen Kern ist. Nach
mehreren fruchtlosen Versuchen gelang es den Leuten, eine Schlinge um
den Körper der Molluske zu werfen. Diese Schlinge glitt bis zu den
Schwanzflossen, wo sie festhielt. Darauf versuchte man das Thier an
Bord zu ziehen, aber sein Gewicht war so bedeutend, daß es beim
Hinausziehen seinen Schwanz im Stiche ließ, und ohne diese Zierde in
den Wogen verschwand. - >Das ist doch endlich eine
Thatsache<, sagte Ned Land. >Eine unbestreitbare
Thatsache, wackerer Ned. Man hat auch vorgeschlagen, diese Polypen
'Kalmar Bouguer' zu nennen.<; >Und wie groß war das
Thier?< fragte der Canadier. >Maß es nicht etwa sechs
Meter?< sagte Conseil, der am Fenster stehend, wiederholt die
Spalten der Küstenwand besah. >Gerade soviel<, erwiderte
ich. >Waren nicht an seinem Kopf, fuhr Conseil fort, acht
Fühlfäden, die sich wie eine Brut Schlangen über dem Wasser
bewegten?< - >Gerade so.< - >Waren nicht
seine vorstehenden Augen von ansehnlicher Größe?<; >Ja,
Conseil.<; >Glich nicht sein Maul einem Papageischnabel,
aber einem furchtbaren?< - >Wirklich, Conseil.“
/3/ Wie man dem Zitat entnehmen kann, hat Verne alle Details der
ursprünglichen Meldung in seinem Text verarbeitet. Ein weiteres
Beispiel seines Arbeitsstils. Fakten sammeln - um dann diese in seinen
Romanen einfließen zu lassen. Auch das Bild entspricht in etwa der
Beschreibung, wobei dem Illustrator in der gekürzten Fassung von Jules
Verne das Detail, dass die Alecton ein Dampfschiff war, verborgen
blieb. (Bild /4/).
Noch
während der Professor mit seinen Freunden dieses Gespräch führte,
näherte sich ein ganzer Schwarm dieser Kopffüßler der Nautilus. Sie in
ihrer ganzen Pracht betrachtend, machte Arronax dann seine
wissenschaftlichen Aufzeichnungen. Die dafür geschaffene Illustration
halte ich für eine der gelungensten dieses Romans. Deshalb möchte ich
sie dem Besucher meiner Seite nicht vorenthalten (Bild /5/) - siehe
unten rechts.
Aber
ich will die Nautilus wieder
verlassen, um die Gelegenheit wahrzunehmen, das Abenteuer der Männer
des Avisoschiffes Alecto(n) weiter zu erzählen. Das, was das alte
Sachbuch und auch Jules Verne nicht schilderte, denn die Geschichte
geht noch weiter. So ist im Buch Seeungeheuer – Fabeln und Fakten
/6/
der identische Ablauf des Abenteuers zu entnehmen. Wir lasen ja oben
bis zu der Stelle, dass nur ein etwa 20 Kilogramm schweres Stück
erbeutet wurde. Also lesen wir in der neuen Quelle weiter:
„Die Männer
würden das Gemetzel gern mit einer größeren Trophäe abschließen und
möchten ihrem Opfer im Boot nachsetzen, aber Kommandant Bouyer
untersagt das energisch. Schließlich ist auch das halbtote Tier wegen
der erstaunlichen Beweglichkeit seiner Fangarme noch ein
ernstzunehmender Gegner. »Ich
konnte es nicht verantworten, das Leben meiner Matrosen auf's Spiel zu
setzen, nur um die Neugier zu befriedigen, selbst wenn es der
Wissenschaft gedient hätte ... «, schrieb Bouyer später in seiner
Meldung an das Marineministerium und vermittelt so einen Eindruck
davon, wie gewandt sich der ungewöhnliche Gegner gegen die von Deck der
»Alecton« aus geführten Angriffe verteidigt haben mag. Nachdem
Teneriffa erreicht worden war, wandte sich Kommandant Bouyer sofort an
den französischen Konsul und bat ihn um einen Besuch an Bord. Hier
konnte der erstaunte Diplomat das erbeutete Schwanzstück besichtigen,
er verfaßte darüber einen Rapport, der gemeinsam mit Bouyers
Schilderung an das Marineoberkommando gesandt wurde. Die Zeichnung
eines Offiziers, auf der das Ungeheuer dargestellt war, fügte man den
Unterlagen hinzu. Als
das Material im Dezember 1861 einem Gremium der Französischen Akademie
der Wissenschaften vorgelegt wurde, hätte es eigentlich letzte Zweifel
am Vorhandensein gigantischer Cephalopoden zerstreuen müssen, aber eher
das Gegenteil war der Fall.“ /6/
 Was
die damalige Akademie nicht sofort überzeugte, Verne griff das Erlebnis
gerne auf, um es später weiter zu verarbeiten. Was
hatte die Mannschaft der Alecton aber wirklich gesehen? Auch dazu gibt
es einen Beleg. Nämlich die Handskizze eines Offiziers des Schiffes.
Und siehe da: Meine oben gefundene Quelle ist dem Original doch
ziemlich ähnlich. Unter dem Titel A giant squid observed off
Teneriffe
in November 1861 kann man in der Bibliothek der National Oceanic And
Athmospheric Administration, eine der ältesten
wissenschaftlichen
Vereinigungen der USA, das links abgebildete Bild /7/ finden.
|