Jules Vernes Voyages extraordinairesBand VE 24 |
Oben: Eine türkische Ausgabe von Jules Vernes Roman KERABAN, der in der Türkei spielt: Inatçi Keraban © Ithaki Yayinlan Istanbul 2002; ISBN 975-8607-65-0 (erworben 2005 Istanbul; CF/2406/). Unten: © Verlag Neues Leben, Berlin 1967, 2. Auflage 1971, L-Nr. 303(305/131/71 – CF /2403/)
Ergänzende Links: Wer die schönen Originalillustrationen der Hetzel-Ausgabe von Keraban sehen möchte, dem empfehle ich diesen Link nach Schweden zur Gallery Keraban beim Alhambra Verlag. Quellenangaben (Die Systematisierung bezieht sich nur auf die Nutzung für diesen Beitrag) /1/ Beauties of the Bosphorus by Ms Pardoe (George Virtue, Ivy Lane London 1839), Bild: Scutari, View from the Ferry /2/ Kartenausschnitt aus der Karte von Konstantinopel, Society of the Diffusion of Useful Knowledge (Great Britain) 1840 by David Rumsey Collection /3/ Anatolisches Bergdorf, Foto: A. Fehrmann 02/2002 /4/ Karte: Mer Noire Von F.A. Garnier (1803-1863); World Atlas 1862 by David Rumsey Collection /5/ Türk Kahvesi (Türkisches Kaffeehaus) © Levant Koleksiyon Nr. 2; Meşrutiyet Cad. Istanbul /6/ Ein Stich aus der Hartlebenausgabe von 1887 mit 102 Illustrationen von L. Benett (CF /2410/) Startbild des 1. Kapitels auf Seite 5. |
Keraban, der Starrkopf (1883) Die Originalausgabe erschien am 6. September 1883 unter dem Titel Kéraban le têtu in zwei Bänden zeitgleich bei Pierre-Jules Hetzel in Paris. Jules Verne entführt uns zum Tor des Orients: Nach Konstantinopel, beidseitig des Bosporus gelegen. Dort wohnt auf der östlichen Seite, im Stadtteil Scutari (Heute: Uçkudar oder Üsküdar genannt) der reiche Tabakhändler Keraban. Dieser ist ein echtes Original: Ablehnend gegenüber den modernen Errungenschaften der Technik (nie würde er sich der Eisenbahn anvertrauen!), der Mode und allen sprunghaften Veränderungen – ist er auch noch gekennzeichnet von einem ausgeprägtem Starrsinn. Sein Handelskontor befindet sich auf der westlichen Seite des Bosporus, auf der Seite von Galata. So muss er jeden Tag mit der Fähre übersetzten. Zu Beginn des Buches lernen wir diesen Literaturschauplatz kennen. (Weitere Details zu dieser Lokalität und etwas zum Jules Verne Park in Istanbul auf meiner Seite JULES VERNE IN ISTANBUL). Bild links oben: In einem Originalstich von 1839 (Quelle /1/) sehen wir diese Situation: Wir blicken von der Fähranlegestelle von Scutari vorbei an den Leanderturm (im Wasser links stehend) in Richtung Galata (dies ist die Landzunge rechts vom Einschnitt hinter den Segelschiffen). Bild rechts oben: Türkisches Kaffee-Haus um 1900 in einer zeitgenössischen Postkarte /5/ Dort auf dem Top-Hane-Platz wird Keraban von seinem langjährigen holländischen Geschäftspartner Van Mitten und dessen Diener Bruno erwartet. Diese beiden pflegen langjährige geschäftliche und freundschaftliche Beziehungen zum ihren türkischen Partnern, so dass sie aufgrund der Kenntnis der türkischen Lebensart und derer Sprache gut miteinander auskommen. Geschäftliches und Privates wird miteinander verquickt, denn Kerabans einziger Verwandter, sein Neffe Ahmet, soll die schöne Amasia heiraten. Dazu ist Van Mitten eingeladen. Diese Hochzeit ist, wie sollte es anders bei Jules Verne sein, natürlich nicht unkompliziert. So sind aufgrund einer Erbschaft die zu erwarten ist, Bedingungen daran geknüpft. Amasia muss pünktlich vor ihrem 17 Geburtstag heiraten, will sie nicht leer ausgehen. Um diese Geschichte ranken sich allerlei Verwicklungen und Intrigen, die selbst nach heutigen Gesichtspunkten der Unterhaltungsindustrie abendfüllend wären. Höhepunkt ist die Entführung Amasias. Aber ich greife vor. Während
Keraban auf der Galataseite seinen Freund trifft, verkündet die
Administrative der „Jungtürken“ eine neue Steuer, einen Wegezoll für
die Fährverbindung. Dies trifft Keraban in seinem Innersten. Er sieht
diese Willkür als persönliche Beleidigung an. So lässt er sich in der
Diskussion mit einem Polizeihauptmann zu der Behauptung hinreißen,
jegliche Zahlung abzulehnen. Dadurch verweigert dieser ihm die Passage.
Wie reagiert der Starrkopf Keraban? Er wird einen Weg finden diesen
Schmach zu umgehen! Wenn er das Schwarze Meer umrundet, dann käme er
schließlich ohne Wegezoll auch nach Scutari.
Und so beginnt die ungewöhnliche Reise,
gemeinsam mit seinem Diener Nizib und den beiden Holländern. Die Reise
führt sie über den türkischen Teil des heutigen Griechenlands,
Bulgarien, Rumänien nach Russland. Dies passt ganz gut, da in Odessa
ein Treffen mit Amasia stattfinden soll. Schließlich ist ja die
Hochzeit zu organisieren. Von dort soll es über Georgien wieder zurück
in das Türkische Reich, der Provinz Anatolien (Bild rechts /3/) gehen.
Von dort ist es ja fast ein Sprung, und schon ist man wieder in
Konstantinopel. Die Reise als solche wäre ja noch halbwegs akzeptabel,
aber wenn man die Eisenbahn ablehnt? So bleibt nur der beschwerliche
Weg mit Seigneur Kerabans altmodischen, aber soliden Reisewagen (Bild
oben links als Illustration: Die Reisekutsche Kerabans /6/)
Wer jetzt eine Standardreisebeschreibung erwartet, der liegt daneben. Denn Verwirrung und Schrecken stiften die beiden Schurken Scarpante und Yarhud. Diese haben es in erpresserischer Weise, wie oben schon erwähnt, auf Armasia abgesehen. Der Wettlauf beginnt .... Aber was tun, wenn man in Scutari ankommt und man wird richterlich gezwungen die Hochzeitsfeier in Alt-Konstantinopel, also auf der anderen Seite zu halten?Auch dafür gibt es eine Lösung (Originalzitat Verne): „Zwischen dem Ufer Skutaris und dem Leanderturm – der neuerdings den Namen Kis-Kulesi, Turm der Jungfrau, führt, war ein langes Seil gespannt. Hier hatte es einen festen Halt und verlief dann in einer Länge von dreizehnhundert Metern über die ganze Meerenge. Sein anderes Ende war an einem soliden Holzgerüst an der Ecke des Kais von Galata und des Top-Hane-Platzes befestigt. Auf diesem Seil wollte ein bekannter Artist ... versuchen den Bosporus zu überschreiten.“ Und wem führt er in einem Karren bei sich? Keraban!Auf der Karte weiter oben kann man sich in etwa eine Vorstellung machen, welche Reiseroute Keraban genommen hat. Auf einer französischen Karte von 1862 (Quelle /4/) kann man das gesamte Schwarze Meer sehen. Unten Links war der Start und dann ging es im Uhrzeigersinn um das Meer herum. Damit wir uns die Situation vom „Zieleinlauf“ vorstellen können, habe ich rechts noch eine Detailvergrößerung der östlichen Seite des Bosporus in Istanbul (Quelle /2/). Aber die Karte kann nicht den Gesamtzusammenhang der Rücküberquerung des Bosporus darstellen. Dazu habe ich eine Sonderseite gestaltet. Die Überquerung des Bosporus und etwas zum Jules Verne Park in Istanbul ist hier zu finden JULES VERNE IN ISTANBUL |
VERFILMUNG: |
Film 1 |
Kerabans phantastische Reise (D/China 1996 – Animationsfilm) |
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Hinweis: Beschrieben werden nur in meiner Sammlung befindliche Bücher und Verfilmungen. Dargestellte Bücher sind Beispiele daraus. © Andreas Fehrmann 07/2000, letzte Aktualisierung 20. Juli 2021 |
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