Collection Fehrmann

Jules Vernes „Voyages extraordinaires*"

(* Dieser Band ist nicht offizieller Bestandteil der VE) Postum veröffentlicht









Beispielbuch:


Verlag Neues Leben, Berlin 1964, 1. Auflage, L-Nr.: 303(305/94/64); CF /8701/

Quellen:

/1/ Volker Dehs: Jules Verne; Rowolth Taschenbuchverlag GmbH Reinbek bei Hamburg; 3. Aufl. 2000; ISBN 3-499-50358-1; CF /5501/; Zitat Seite 125

/2/ Julius Verne: Der Pilot von der Donau; A. Hartleben's Verlag Wien und Leipzig 1909; Reihe Bekannte und unbekannte Welten, Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, 94. Band; 35 Illustrationen; 264 Seiten; CF /8704/

/3/ ebenda; Bildzitat von Seite 161, Originalillustration von George Roux

/4/ Jules Verne: Le pilot du Danube; Collection Hetzel Paris; 236 Seiten mit Illustrationen von George Roux; davon mehrere Chromotypographien; CF /8705/; Bildzitat von Seite 217

/5/ Zeitgenösssische Postkarte aus Bulgarien um 1910 (Bulg. Beschriftung mit kyrillischen Buchstaben und in Französisch), gelaufen am 18.11.1918; CF /21398/

Der Donaulotse (1908) auch Der Pilot von der Donau, Der Donauschiffer oder Der Donaupilot

Donaulotse TiteleiDas Manuskript einer Vorversion unter dem Titel Le beau Danube jaune (noch nicht ins Deutsche übersetzt, Titel etwa: Die schöne fahlgelbe Donau) wurde von Jules Verne bereits 1901 erstellt. Die Umarbeitung zur heute bekannten Version erfolgte durch Michel Verne, der auch die maßgeblichen Züge der Hauptfigur neu formte. Dabei passierte ihm allerdings ein Fehlgriff: „Ungeschickterweise benutzte er den Namen einer Urlaubsbekanntschaft für die Person eines Verbrechers und so mußte, als der >Verleumdete< einen Prozess in Gang setzte, die gesamte Erstauflage revidiert werden /1/. Die Erstausgabe erschien 1908 zum Weihnachtsgeschäft unter dem Titel Le pilot du Danube bei J. Hetzel in Paris. Eine französische Vorab-Veröffentlichung gab in Le Journal vom 24. Sept. bis 2. November 1908. Die deutschsprachige Erstausgabe erschien bei Hartleben in der Reihe Collection Verne Band 84 ebenfalls schon im November 1908. Erst 1909 erschien die großformatige vollillustrierte Ausgabe im Rahmen der Serie Bekannte und unbekannte Welten ... im Band 94 (siehe links oben /2/)

Ruse / RoustschoukDiese Buch ist eine Mischung zwischen Abenteuer- und Kriminalroman. Eine Bande von Verbrechern macht die Ufer der Donau unsicher. Mord und Raub beunruhigen die Bevölkerung, doch der Polizei ist es bisher nicht gelungen, die Banditen zu fassen. Da erhält der bewährter Detektiv Karl Dragoch den Auftrag, mit Hilfe einer Spezialtruppe die Bande dingfest zu machen. Zur gleichen Zeit fährt der Fischer Ilia Brusch in seiner Jolle die Donau flussabwärts dem Schwarzen Meer zu.

Bild oben: Stimmungsbild auf der Donau im bugarischen Teil - Passage bei Roustschouk, bulg. Russe, heute das kulturelle Zentrum Nordbulgariens /5/

Er bleibt aber nicht lange allein, wie es seine Absicht gewesen war, ein Passagier drängt sich ihm auf, angeblich ein Vergnügungsreisender mit Namen Jäger. Wer sind die beiden Männer in Wirklichkeit? Wie weit sind sie in die Verbrechen verwickelt?

Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte ist die ständige Verwechslung des Freiheitskämpfers Serge Ladko, der in seinem bulgarischem Heimatland gegen die Herrschaft der Türken kämpft, mit einem Verbrecher der sich diesen Namens bedient. Das sich hinter dem Reisenden mit Namen Jäger der Detektiv Dragoch verbirgt ist relativ leicht durchschaubar, genauso, dass sich hinter Brusch der eigentliche Ladko verbirgt. Aber neben der Boshaftigkeit des Namensmissbrauchs Ladkos, hat der Verbrecher (mit wirklichem Namen Striga) auch noch Ladkos Frau in seiner Gewalt (Bilder unten links: Ladkos Frau wird im Bauche des Verbrecherschiffes versteckt.)

Da wird plötzlich der eine der beiden Bootsinsassen infolge einer Verwechslung entführt, kann entfliehen, doch wird er erneut gefangen, diesmal von der Polizei. Der Detektiv hat inzwischen verschiedene Fäden des verwickelten Falles in seine Hände bekommen und die Flusspiraten werden mit Hilfe des echten Ladkos unschädlich gemacht. Dieser findet an Bord des Verbrecherschiffes seine geliebte Frau wieder. Bild rechts: Der Detektiv bei der Verfolgung des Verbrecherschiffes /4/.

Donaulotse serbische VersionOriginalillustration




Donauanlieger haben natürlich einen direkteren Bezug zum Roman. Daher links ein Beispiel aus Serbien: Jules Verne: Dunawski Rasbolnizi, Verlag DERETA Beograd 2001, Serbia, ISBN 86-7346-207-x; CF /8702/.

In 
der Mitte des Buchtitels ist die gleiche Szene wie rechts in der Wiedergabe des Originals von Roux dargestellt. Sie wurde vom serbischen Illustrator „nachempfunden“.




/6/ Abbildung aus /2/, Seite 80

/7/ Zeitgenössische Postkarte um 1910 (ungelaufen, daher nicht genauer datierbar)

/8/ Abbildung aus /2/, Seite 72

/9/ Kollektiv: Tour Du Monde; Paris, Sammelband 1.7.1862 bis 31.12.1862; Beitrag von M.V. Duruy: De Paris A Bucharest mit Illustrationen von
Dieudonné Lancelot, beginnend ab Seite 177
Du Monde
In diesem Beitrag ist die zitierte Illustration auf Seite 205:
Du Monde Regensbourg

/10/ Norbert Scholz im Jules-Verne-Forum am 9.4.2024 und in Korrespondenz an A.F. am 11.4.2024

/11/ Ausschnitt aus einer Postkarte aus der Sammlung von Norbert Scholz. Die Aufnahme ist mit dem 17. Juni 1900 beschriftet. Original: Regensburg - Haidplatz; Verlag Franz Hayer München
An den Orten des fiktiven Geschehens

Detailbild aus dem DonaulotsenWie so oft in den Romanen Jules Vernes, haben die geschilderten Orte des Geschehens einen hohen Realitätsbezug. Dadurch war es dem damaligen Leser möglich, sich ein ziemlich genaues Bild von den besuchten Orten zu machen. Am konkreten Beispiel dieses Romans wollen wir einen Vergleich vornehmen:

Reisen wir zuerst mit Verne nach Wien, denn hier lässt er seinen Helden Ilia Brusch im Roman am Donauufer, im Nordosten des Praters mit seinem Boot anlegen. Die Szene stellt sich so wie links zu sehen dar /6/.

Ich konnte das Motiv in alten Quellen, konkret in Postkarten, identifizieren. Die dargestellte Brücke (übrigens aufgrund der Romanaussage manchmal in der franz. Sekundärliteratur als Praterbrücke bezeichnet) ist die damlige Kronprinz Rudolf Brücke, die im Jahre 1876 fertiggestellt wurde.

Die Kronprinzbrücke1919 wurde sie in Reichsbrücke umbenannt und 1934 wurde sie rückgebaut um ein neues Bauwerk zu errichten. Verne war mit seiner Beschreibung ganz dicht dran, obwohl die dargestellte Brücke noch zirka drei Kilometer vom Prater entfernt ist. Der selbige befindet sich auf der oben links dargestellten Illustration im Roman hinter der Brücke und dann rechts liegend. Vom Prater aus kommend sah die reale damalige Sicht so wie oben rechts gezeigt aus /7/.

In RegensburgGehen wir noch einmal kurz zurück im Geschehen. Die Widersacher unseres Helden treffen sich inmitten der Stadt Regensburg. Dazu zeigt uns die illustrierten Hartlebenausgabe, wie auch das französische Original von Hetzel, die rechts zu sehende Abbildung /8/. Was wie ein Fantasiebild aussieht, ist historisch verbürgt. Denn eine mögliche Vorlage erschien schon im Jahre 1862 in Paris. Siehe dazu das Bild unten /9/.

Die verwendete Vorlage

Ein schönes Beispiel einer guten Hintergrundrecherche?
Der Verne-Enthusiast Norbert Scholz konnte hier ergänzen /10/: "Diese Darstellung ist ein schönes Beispiel dafür, was passieren kann, wenn der Autor (in diesem Fall Michel Verne) dem Illustrator (hier George Roux) nicht auf die Finger schaut.
Dieudonné Lancelot hatte diese Ansicht /9/ vom Haidplatz in Regensburg 1860 auf der Reise nach Bukarest gezeichnet. Abgebildet ist das Hotel Goldenes Kreuz, das 1860 wirklich so aussah, wie von Lancelot gezeichnet und von Roux übernommen /8/. Kurz darauf aber wurde das mittlere Gebäude mit dem Erker um zwei Geschosse aufgestockt und an das nebenstehende, zinnenbewehrte angepasst. Ab 1862 sah dann das Ensemble (bis heute noch) so aus":
Ausschnitt aus einer Postkarte
(Bild links /11/)

"Warum sind die Jahreszahlen wichtig? Weil bei Michels Version Monat und Jahr der Handlung genau angegeben ist: August 1876. Zu dieser Zeit hatte aber das Goldene Kreuz schon sein neues Gesicht!"

Gleichzeitig weist Norbert noch auf ein weiteren Fauxpas hin: Auf der Fotografie sind ein paar Personen vor dem sogenannten Justia-Brunnen zu sehen. Wie auch in Lancelots Darstellung ist die Brunnenoberkante in Über-Kopf-Höhe. Daher muss die Magd, die in Roux' Bild Wasser schöpft, eine Riesin sein ...

Wenn Originalvorlagen genutzt werden, dann bringt ein Vergleich mit der Realität eben auch überraschende Ergebnisse. Trotzdem zeigen diese Beispiele die gründliche Herangehensweise von Autor und Illustrator.

Film 1

Der Donauschiffer – Verfilmung Ungarn 1974

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Hinweis: Beschrieben werden nur in meiner Sammlung befindliche Bücher und Verfilmungen. Dargestellte Bücher sind Beispiele daraus.

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© Fehrmann 07/2000, letzte Aktualisierung 19. April 2024