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Collection Fehrmann Jules Vernes „Voyages extraordinaires*"Jules Verne - Short Stories (* Dieser Band ist nicht offizieller Bestandteil der VE) |
Das Original: /1/ Buch oben - die Urfassung: Pitre-Chevalier: Musée des Familles, Paris – Bureaux de l'Administration rue Saint-Roch 29, Sammelband 1851 – 1852; Abgedruckt auf S. 301-313 u. 321-335 (CF /6726/) /2/ ebenda; Beginn des zweiten Teils; Bildzitat von Seite 321 /3/ Verne: Le Chancellor, Hetzel & Cie Paris 1875; Les Voyages Extraordinaires; mit 223 Seiten, im Anhang Martin Paz; CF /1304/; Bildzitat von Seite 193 - die Illustration von Riou wurde von mir grafisch überarbeitet
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Die Urfassung
wurde von Jules Verne im Juli 1852 unter dem Titel: L'Amérique du Sud. Moeurs
péruviennes. Martin Paz, nouvelle historique in Musée des familles,
Bd. 9 – siehe linkes Buch /1/ - veröffentlicht. Später als Anhang der
VE 13 Im südamerikanischen Peru spaltet sich zu Zeiten der Geschichte die Gesellschaft in drei große Hauptgruppen: Den Erben der spanischen Kolonisatoren, den daraus hervorgegangen Mischlingen, den Mestizen und den Eingeborenen, in der Geschichte stets Indianer (nicht Indios) genannt. Aus diesen gesellschaftlichen Gruppen kommen die Hauptakteure der Geschichte: Der Marquis Don Vergal, dem sein Vermögen langsam durch die Finger rinnt, der aufstrebende neureiche Mestizen Andreas Certa und der Indianer Martin Paz. Ergänzend lernen wir noch den Geldleiher, Kaufmann und Spielbankbesitzer, den unsympathisch dargestellten Juden Samuel und dessen reizende Tochter Sarah kennen. Vorhang auf! Ort des Geschehens: Lima – Die Verwicklungen beginnen: Durch einen geheimen Vertrag über 100.000 Piaster hat sich Andreas Certa das Wohlwollen Sarahs Vaters gekauft, sie wurde im dafür versprochen. Diese hat aber ganz andere Interessen: Sie hat sich in Martin Paz verliebt. Die Bemühungen Martins blieben Andreas nicht verborgen und es gibt eine Messerstecherei vor dem Hause des Juden. Der verletzte Mestize wird in Samuels Haus gebracht und der Indianer muss fliehen. Eingekreist stürzt er sich von einer Brücke in einen reißenden Fluss, so dass alle von seinem Tode ausgehen. Paz kann sich aber retten und er kommt beim edel handelnden Marquis Vergal unter. In seinem Schutz kann Paz ihn nach Chorillos, einem Badeort an der Küste bringen (Bild unten links: Martin Paz und Vergal /3/). Der Marquis Don Vergal versucht durch diesen Abstand zu Lima seinen Schützling zu retten, gleichzeitig will er ihn aber auch von der Liaison mit der Jüdin abhalten, was aus seiner Sicht unschicklich ist (!). Was nur der Leser erfährt: Sarah hatte sich zwischenzeitlich den Gedanken der katholischen Kirche genähert und heimlich besucht sie den Gottesdienst. Zeitgleich
macht jetzt
Certa mit Samuel ebenfalls einen Ausflug zum gleichen Ort. In der
dortigen Spielbank verliert Certa einiges an Geld, was aber Samuel
nicht beunruhigt, denn auch wenn sein Schwiegersohn in spe verliert,
das Geld bleibt in der Familie: Samuel gehört auch die Spielbank. Als
sie sich nach der missglückten Partie heimlich beraten wollen, ziehen
sie sich mit einem kleinen Boot auf das offene Meer zurück. Da beim
Verlassen des Hauses zufälligerweise Paz dazu kam, folgt er ihnen
heimlich. Ihnen nachschwimmend erfährt eine haarsträubende Geschichte:
Sarah ist gar nicht die Tochter Samuels. Sie ist die Tochter eines
reichen spanisch stämmigen Adligen, dessen Frau und die damals
zweijährige Tochter bei einer Seereise von einem Unwetter überrascht
wurden. Als das Schiff, von der Mannschaft verlassen, strandet, kann
der mitreisende Samuel das Kleinkind vor dem Ertrinken retten, deren
Mutter starb in den Fluten. Wenn Certa also Sarah heiratet, kann er mit
dem Nachweis der adligen Abstammung, denn die will Samuel ihn für Geld
abtreten, in die von ihm angestrebten höheren Kreise „eintreten“. NACHTRAG:
Eine
historische Kurzgeschichte, die durch ihr Arrangement und den
stilistischen Einfällen sehr theatralisch daher kommt. Die Figuren und
Charaktere wurden klischeehaft überzeichnet. Da gibt es blasierte
spanische Abkömmlinge der Eroberer, edel handelnde Aristokraten,
fanatische Mestizen, den bekehrenden katholischen Geistlichen und den
durchtriebenen und gaunerigen Juden. Die Figur des Juden Samuel trägt
in der Beschreibung antisemitische Züge. So werden wiederholt alle
Register des Negativen zur Beschreibung seiner Geschäftspraktiken
herangezogen und auch der Handel mit dem von ihm geretteten
Kind ist moralisch verwerflich. Zumal, da ja die Herkunft bekannt war,
das Kind also wissentlich dem eigentlichen Vater entzogen wurde. Damit
bediente Verne die in der damaligen Zeit häufig anzufindenen
Vorurteile. Das dies kein einmaliger Ausrutscher war, zeigt
eine ähnliche Darstellung eines Juden, die wir später im Roman |
![]() /4/ Verne: Der Chancellor, A. Hartleben's Verlag Wien, Pest und Leipzig 1877; Anhang: Martin Paz ab Seite 211, Zitat von Seite 211 /5/ ebenda, Seite 214 /6/ ebenda, Seite 213 /7/ alle Fotos: © Fehrmann 2016 ![]() | Auf der Plaza Mayor in Lima![]() Auch die Lage des Regierungspalastes wird exakt wiedergegeben: "Die Plaza-Mayor zeigte sich jetzt belebter als je. Das Schreien und Lärmen wurde immer ärger. Die berittenen Wachen vor dem Mittelthore des viceköniglichen Palastes am Nordende des Platzes hatten Mühe, mitten in diesem Gewoge und Gedränge von Menschen auf ihrem Posten auszuharren." /5/ Und wie um mein eigenes Bild zu beschreiben, fand ich auch noch diesen Satz: "Ein prächtiges Gespann lenkte eben auf die Plaza- Mayor ein; es war das des Marquis Don Vegal, Ritter von Alcantara, Malteser und Ritter des Ordens Karl's III." /6/ ![]() ![]() ![]() Da ich im Buch unter anderem auch Illustrationen mit einheimische Frauen in ihrer Cholita, der traditionellen Kleidung der Indiofrauen fand, habe ich dazu ebenfalls einen aktuellen Bezug hergestellt. ![]() Illustrationen aus /4/; Fotos /7/ |
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Hinweis: Beschrieben werden nur in meiner Sammlung befindliche Bücher und Verfilmungen. Dargestellte Bücher sind Beispiele daraus. |
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fehrmann 01/05, letzte Aktualisierung 13. Januar 2020