Collection Fehrmann

Bühnenwerke

von und nach Jules Verne

 Jules Verne im Theater / Les pièces de théâtre / Plays 





Hinweise zum Bildmaterial und den Quellen:

/1/ Charles Wallut (1829 – 1899): Trotz größter Bemühungen konnte ich kein ansprechendes Portrait finden. So nutzte ich die Darstellung der Karrikaturengruppe „Der elf Unbeweibten“, einem Freundeskreis von Verne, in der sich Wallut befand, um so nach Bearbeitung sein Konterfei zu erhalten.

/2/ Edouard Cadol (1830 – 1898): Bearbeitetes Bild eines Stiches aus einer zeitgenösssichen Zeitschrift um 1875

Für die Recherche von weiteren Personen im Umfeld von Jules Verne empfehle ich das Link Personenregister dieser Domain.

/3/ Bild rechts im Text: Frontispiz der deutschsprachigen Bühnenversion (als Manuskript gedruckt) von 1873: „Die beiden Frontignac“ Schwank in drei Akten; deutsch von W. Endrenn; Berlin 1873; Druck von R. Boll, Mittelstraße 29; Umfang: 70 Seiten

/4/ Deutsche Zeitung - Morgenblatt; Wien Samstag den 22. November 1873, Nr. 680; Zitat von Seite 6; CF /6678/

Bilder unten im Haupttext: Es handelt sich nicht um zeitgenössische Szenenbilder, sondern es sind Ausschnitte aus französischen Postkarten um 1900 die nur zur dekorativen Zwecken genutzt werden (Collection Fehrmann)



SAMMLERHINWEIS (I):

(siehe auch Hinweis unten rechts) "Die beiden Frontignac" als Neuauflage, gesetzt in moderner Schrift, gebunden Softcover, Format A5, ca. 111 Seiten, Hrsg. Jules-Verne-Club 2006, erste Auflage 150 Stück von Hand durchnummeriert. Bestellbar beim deutschsprachigen Jules Verne Club









Un Neveu d'Amérique ou les deux Frontignac (Deutscher Titel unter: Die beiden Frontignac; auch: Ein Neffe aus Amerika)

WallutCadolDiese Komödie schrieb Jules Verne zusammen mit Charles Wallut (Bild links /1/) im Jahre 1861. Diesen kannte er schon von der Zusammenarbeit durch die Publikation erster Schreibversuche, denn in der Zeit von1851 bis 1865 gab dieser im eine verlegerische Plattform. Wallut war Herausgeber der illustrierten Familienzeitschrift   Musée des familles.1872 wurde das Stück von Edouard Cadol (Bild rechts /2/) umgeschrieben. In dieser Umarbeitung kam dann die Vaudeville zur Erstaufführung. Diese fand im Théâtre Cluny in Paris am 17. April 1873 statt. Es gab insgesamt 58 Aufführungen. Interessanterweise sollte die Erstauflage der französisch sprachige Version des Textes mit Unterstützung einer Versicherungsgesellschaft verlegt werden. Diese Idee könnte von heutigen Marketing-Spezialisten stammen, wurde doch Fragen der Versicherung im Stück verarbeitet. Da Verne aber exklusiv gebunden war, verlegte das Haus Hetzel 1873 Un Neveu d’Amérique ou Les deux Frontignac mit 119 Seiten.

1888 wurde es nochmals drei mal in Amiens aufgeführt, in der deutschen Übersetzung von W. Endrenn soll das Stück in Wien und Berlin mehrfach aufgeführt worden sein.

Die Komödie zeigt uns eine Seite Vernes, die wir aus den Romanen nicht kennen: Locker, gar leicht frivol, beschreibt er amouröse Beziehungen. In diesem nicht eben tiefsinnigen Werk, lernen wir in unterhaltsamer Weise draufgängerische Lebemänner, amüsierwillige Frauen und gehörnte Ehemänner kennen.

Die alte dt. VersionAuf einem gut bürgerlichen Ball beobachten wir Männer, die weniger aus gesellschaftlicher Verpflichtung, mehr denn des Amüsements den Abend und die geladenen weiblichen Gäste genießen. Bei lockerer Plauderei über weibliche Vorzüge und dem letzten Pariser Klatsch lernen wir auch den Namensgeber des Schwanks kennen: Stanislaus von Frontignac.

Dieser wird als Charmeur von den Frauen angehimmelt, und von den betrogenen Ehemännern zutiefst gehasst. Der ebenfalls anwesende Marcandier ist auch nicht gerade über Frantignac entzückt, hat er sich doch vor Jahren mit ihm zu einem schlechten Geschäft hinreißen lassen: Der damals kränkelnde Frontignac legte sein Vermögen bei eben Marcandier in einer monatlich auszuzahlenden Leibrente an. Aber sein baldiger Tod wollte sich nicht einstellen, stattdessen lebte der so Versorgte auf und genoss das Leben in vollen Zügen. Aber Marcandier würde sich noch mehr ärgern, wenn er wüsste, dass sich der so Unbeliebte sich lange Zeit mit seiner Frau Eveline vergnügte.


Noch während Frontignac dabei ist Avancen auf eine neue Dame seines Herzens zu machen, es handelt sich um die verheirate Antonie Roquamor, dessen Mann den Ball veranstaltete, taucht ein junger Amerikaner auf. Wie unschwer am Namen zu erkennen, er heißt Savinien, hat er französische Wurzeln, ist aber jetzt als amerikanischer Besucher in Paris. Nicht lange, und es stellt sich heraus, dass der junge Mann auf die junge Madelaine reflektiert, eine Nichte von Frontgnacs Freund Carbonnel.

Vorerst stört er jedoch die Turtelei des alten Frontignac mit Antonie, den er kurz darauf dann nochmals mit Eveline beobachtet. Als Frontignac den jungen Mann zur Rede stellt, denn er vermutet einen ungeladenen Gast, kommt es zu einer Überraschung. Beim Tausch der Visitenkarten erkennen beide eine Namensgleichheit! Stanislaus von Frontignac, der sich eigentlich als der Letzte seiner Familie wähnte, lernte seinen Neffen Savinien kennen, Sohn seines toten Bruders.

Die zuerst vorhandene Reserviertheit Stanislaus’ weicht aber einer zunehmenden Begeisterung, als die beiden Frontignacs feststellen, dass sie eigentlich gut harmonieren. Jetzt ist er auch bereit, das ehrlich gemeinte Interesse Saviniens ans Madelaine zu unterstützen. Es gibt nur ein Problem: Beide sind mittellos.

Zwischenzeitlich geht es in der Wohnung des Onkels Frontignac hoch her: Während Marcandier aus den Aussagen von Frontignacs Diener Hoffnung auf sein baldiges Ableben seines Klienten schöpft, schleppt Freund Carbonnel einen Arzt heran, der bei Stanislaus von Frontignac die Voraussetzungen für eine Lebensversicherung prüfen soll. Dies wäre eine elegante Lösung, dem jungen Paar finanzielle Sicherheit zu geben. Marcandier fällt bald in Ohnmacht, als dem alten Frontignac eine blendende Gesundheit bescheinigt wird. Kurz vorher stiftete Antonie Roquamor Verwirrung, als sie von Stanislaus einen kompromittierenden Brief zurück haben wollte. Dabei wurden sie vom verfolgenden Ehemann überrascht, und die Dame täuschte eine Wohnungsübernahme vor. Dies brachte ihren Verehrer fast zur Verzweiflung.

Eigentlich waren alle Voraussetzungen für einen unterhaltsamen und überraschungsreichen Ablauf gegeben, aber irgendwie geht dem Stück jetzt „die Luft aus“.

Frontignac in Wien

Nachdem der junge Frontignac seine Braut in das berühmt berüchtigte „Moulin Rouge“ brachte und dort mit ihr verschwenderisch in einem Séparé schlemmte und sich amüsierte, wollten sich die Beiden auf den Weg nach Amerika machen. Angeblich soll der alte Frontignac dies unterbunden haben und damit schlägt er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Für den schon wieder ihn verfolgenden gehörnten Roquamor hat er ein Alibi, da dessen Frau schon wieder verdächtig nahe bei ihm aufhielt, und bei seinem „verschnupften“ Freund Carbonnel erhält er Absolution, da er die jungen Leute überzeugte, im Land zu bleiben.

SAMMLERHINWEIS (II): Die weiter oben links abgebildete Version des Theaterstücks ist eine Komplettausgabe, die in Zusammenarbeit mehrerer Spezialisten geschaffen wurde. Nachdem das Stück als verschollen galt, konnte es aufgrund eines Archivfundes wieder restauriert werden und sogar die deutschsprachigen Abweichungen vom Original wurden wieder eingearbeitet. Ergänzend dazu gibt es diverses Bildmaterial, ergänzende Artikel und eine Übersicht der Theaterstücke Vernes. Aufgrund der spärlichen Literatur zum Theaterschaffen Vernes handelt es sich um einen bibliophiler Leckerbissen. Noch sind Exemplare erhältlich...

NACHTRAG:

Eine der seltenen Nachweise des Theaterstückes im deutschsprachigen Raum zeigt das Faksimile links: Eine Theaternachricht aus Wien vom 22. November 1873, als Hinweis für die aktuelle Aufführung im Stadttheater /4/

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