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Collection Fehrmann Jules Verne im TheaterVorstellung der Theater in Paris, in denen die Stücke Vernes uraufgeführt wurden- |
Als Jules Verne 1848 nach Paris kam, hatte die französische Metropole gerade die Größe einer Millionenstadt erreicht. Trotz der Revolutionswirren war es eine berauschende und pulsierende Stadt, eine Stadt geprägt von Kultur und dem bürgerlichen Leben. Zu den schon existierenden Theatern kamen dann in den 60er und 70er Jahren viele Neubauten dazu. Paris entwickelte sich immer mehr zum kulturellen Zentrum Europas. Aus der Vielfalt der Theater und Bühnen möchte ich nun die Häuser vorstellen, die im direkten Zusammenhang mit der Aufführung der Stücke von Jules Verne standen: Théâtre Historique, Théâtre Lyrique, Théâtre du Gymnase dramatique, Les Bouffes-Parisiens, Théâtre du Vaudeville, Théâtre de la Porte Saint-Martin, Théâtre Cluny, Théâtre du Chatelet, Théâtre de la Gaîté-Lyrique, Théâtre des Variétés und das Théâtre de l'Ambigu-Comique. Hinweis zur Schreibweise auf dieser Seite: Der Inhalt ist gespickt mit einer Vielzahl von Fakten, Ortsbezeichnungen und historischen Details. Um eine vertiefende Recherche zu erleichtern, habe ich alle Eigennamen der Spielstätten, aber auch die der Straßen und Plätze, kursiv geschrieben. |
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Quellenangaben und Hinweise zu den verarbeiteten Informationen und dem verwendeten Bildmaterial: /1/ Bearbeitetes Motiv nach einem alten Stich: Théâtre Lyrique et le Cafe des Artistes en 1859; mir vorliegend als alte Postkarteum 1910: ANCIEN PARIS; CF/21235/ /2/ Bild Crime sur le boulevard du Temple präsentiert auf einer Ausstellung 1998/99 der Bibliothèque de Lyon. Originalquelle: Progès Illustré vom 13. Dezember 1891 /3/ Bildmotiv aus Collection Siege / Paris by Northwestern University Library. Foto wahrscheinlich von Eugéne Fabius 1870 (von mir aufbereitet und optimiert) /4/ Bearbeitetes Motiv nach: Jean Demerliac: L'Odyssée Jules Verne Albin Michel – Arte éditons 2005, Paris, ISBN 2-2-226-14552-4 – Bildzitat von Seite 142; CF/5713/ /5/ Die Jahreszahlen und die Namen wurden u.a. dem Carthalia-Projekt von Andreas Praefcke entnommen (www.andreas-praefcke.de) im Jahre 2006 /6/ historische Postkarte um 1905; CF /21224/ /7/ Foto © Fehrmann 4/2011 |
Théâtre Historique / Théâtre Lyrique
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Kurz darauf, in den Jahren 1860 bis 1862, wurde ein neues Gebäude an anderer Stelle von Gabriel Davioud gebaut. Dieses neue Théâtre Lyrique wurde im Krieg 1871 durch Feuer zerstört. Es konnte aber nach Rekonstruktion 1875 wieder eröffnet werden, verwirrender Weise diesmal wieder als Théâtre Historique. Siehe dazu die Bilder weiter unten. 1879 erfolgte eine erneute Umbenennung in Théâtre des Nations, dann 1883 in Théâtre Italien, 1885 zu Théâtre de Paris. In der Zeit von 1887 bis 1898 gehörte es zur Opéra-Comique und wurde dann 1898 in das Theater Théâtre Sarah-Bernhardt umbenannt. Wem das noch nicht verwirrend genug ist: 1936 erfolgte die Umbenennung zu Théâtre du Peuple um schon 1942 den Namen Théâtre de la Cité zu erhalten. Aber die Geschichte der Namensfindungen geht noch weiter: 1949 erfolgte eine erneute Rückbenennung zu Théâtre Sarah-Bernhardt. Um der Geschichte treu zu bleiben gab man dem Theater 1957 den Namen Théâtre des Nations um es dann 1968 Théâtre de la Ville zu nennen (siehe auch vertiefend /5/). Es ist am Place du Chatelet Nr. 2 noch heute unter diesem Namen zu finden. Spätestens nach dieser Listung der verwirrenden Namensgebung dürfte jedem klar sein, wie kompliziert es ist, kulturgeschichtliche Puzzlesteine richtig zusammen zu setzen.
Bild oben links: als Theatre Historique um 1870 /3/, rechts der Saal /4/; unten links als Theatre Sarah Bernhard um 1905 /6/ und rechts in heutiger Zeit /7/ |
/8/ zeitgenössischen Postkarte; Aufnahme um 1890; CF/21237/ /9/ Informationen zu Verne aus: Revue Jules Verne (Amiens) Nr. 11 (2001) Seite 35 bis 94) /10/ alte Postkarte ca. 1910; CF/21234/ /11/ Adolph Menzel (1815-1905): Théâtre du Gymnase 1856; Nationalgalie Berlin - Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz; Postkarte ca. 2005; CF /21110/ /12/ Foto © Fehrmann 4/2011 |
Théâtre
du Gymnase dramatique
Das Théâtre du
Gymnase
dramatique, die übliche Kurzbezeichnung war Gymnase, wurde am 23.
Dezember 1820 am Boulevard Bonne-Nouvelle Nr. 38 eröffnet (links unten
historische Aufnahme um 1890 /8/).
Es wurde von Rougevin und Guerchy gebaut. Die damals üblichen
indirekten Kerzenleuchter wurden 1823 durch Gaslicht ersetzt, eine
damals moderne Lösung, die erst kurz vorher, nämlich 1817, erstmalig
eingesetzt wurde. 1824 wurde das Theater kurzzeitig in Théâtre de
Madame unbenannt, erhielt aber 1830 seinen Namen wieder zurück. Es war
auf Komödien und Vaudevilles spezialisiert. Für Jules Verne gab es auch
hier Hilfe durch die Dumas', diesmal jedoch von Dumas fils. Von Mitte
der 50er an hatte Dumas der Jüngere gute Verbindungen zu dieser Bühne
und er vermittelte vermutlich die zwei Wiederaufnahmen des
Verne-Stückes
![]() ![]() ![]() Im Jahre 1958 erhielt das Theater
den Namen Théâtre
du Gymnase Marie Bell, benannt nach einer französischen Schauspielerin
und Theaterdirektorin die von 1900 bis 1985 lebte. Wer sich in Berlin einen Eindruck
vom Theater
verschaffen möchte, der sollte die Nationalgalerie besuchen. Dort hängt
ein Gemälde von Adolph Menzel, welches das Theater bei einer Aufführung
im Jahre 1856 zeigt /11/.
Als ich das Theater 2011 besuchen wollte, war es leider
eingerüstet
/12/.
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/13/ Bildmotiv aus Sammlung Fehrmann, grafisch stark bearbeitet /14/ Foto © Fehrmann 4/2011
/16/ ebenda, Seite 260 /17/ Bildmotiv überarbeitet aus Quelle: P. Loiseau-Rousseau: Les théâtres de Paris: Eaux-fortes (Paris: Deviers, 1878; Seite 400) /18/ Theaterplakat von Bouffes-Parisiens unbekannter Herkunft von 1895 /19/ Foto © Fehrmann 4/2011
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Les Bouffes-Parisiens
Sein Freund Hervé hatte vorher sein
kleines Theater Les Folies Concertantes eröffnet. Offenbach
komponierte Stücke für dieses Haus. Da die Weltausstellung nahte,
vom 1.
Mai bis 31. Oktober 1855, kam er auf die Idee von diesem Besucherstrom
zu profitieren. „Am 4. Juni 1855 erhielt er ein Theaterprivileg, das
ihm die Aufführung von Pantomimen und musikalischen Szenen mit
höchstens drei Mitwirkenden erlaubte. Es gelang ihm, in einem Holzbau
an den Champs Elysees unterzukommen. Er stand unweit des
Weltausstellungsgeländes und war 1849 erbaut worden. Offenbach
eröffnete sein kleines Theater, das er Bouffes-Parisiens nannte, am
5. Juli 1855. Der zentrale Einakter des Eröffnungsabends hieß Die
beiden Blinden (Les Deux Aveugles- Anmerkung
A.F.) und sein enormer
Erfolg entschied über die Zukunft von Offenbachs Unternehmung und auch
über die künftige Richtung seiner künstlerischen Tätigkeit.“ /15/ Er
schuf im Laufe der Zeit über einhundert Bühnenwerke, meist Vaudevilles
und Einakter. Diese sind aber heute nicht mehr so bekannt. In
Erinnerung bleiben vor allem seine Operetten, die als Synonym für
lockere und unbeschwerte Unterhaltung stehen und die später seine
eigentliche historische Bedeutung ausmachten. Sein zur Eröffnung
gespieltes Stück gilt heute als die Geburtsstunde der Operette. Sein
Haus, benannt nach Opéra-bouffe (Komische Oper), wurde also
gleichzeitig sein Lebensprogramm. „In den folgenden drei Jahren nahm
seine kleine Bühne, die im Winter des ersten Jahres ihres Bestehens in
das innere der Stadt umgezogen war, einen ununterbrochenen
Aufschwung.“/16/. Vernes
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/20/ Historische Postkarte um 1910, coloriert, es zeigt das Theater im Jahre 1904; CF /21233/ |
Théâtre du Vaudeville
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/21/ Stich von F. Roy "Nouveau theâtre de la porte Saint-Martin reconstruit en 1873"; Der Stich hat in meinem Original eine Größe von 15 x 17,5 cm; CF /21118/ /22/ Fotos © Fehrmann 4/2011 /23/ historische Postkarte um 1910; CF /21226/
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Théâtre
de la Porte
Saint-Martin![]() ![]() Théâtre de la Porte Saint-Martin : Links in Farbe zur Jetztzeit /22/ , unten um 1910 ist das namensgebende Porte Saint-Martin zu sehen und man erkennt die Nähe zum Theatre Renaissance. Die Theaterdichte in Paris war und ist beeindruckend. /23/. Kurz darauf, im Jahre 1874 wurde
im Théâtre de la Porte-Saint-Martin Vernes |
/24/ Fakten zum Théâtre Cluny aus: Nicole Wild: Dictionnaire des théâtres parisiens; Paris: Aux Amateurs du livre 1989, S. 69-71 /25/ Bearbeitetes Motiv nach: Paul Larochelle: Trois hommes de théatre – 1782-1930, Edition du Centre 1930 / 1960; Bildzitat von Seite 169 /26/ Nicht genauer datierbare Postkarte (ungelaufen) zwischen 1900 bis 1910; CF /21236/
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Théâtre
Cluny
Doch schon kurz nach seiner
Eröffnung wurde das Athénée musical zu einem Theater mit 1000 Plätzen
umfunktioniert, das Théâtre Cluny war geboren. Nach Bankrott des
Hauses wurde das Theaterunternehmen im August-September 1867 durch
Henry-J. Boulanger (genannt Larochelle; 1827-1884) übernommen. Dieser
leitete es bis 1874 weiter /24/. Die oben dargestellte Plakette von
Henri Larochelle zierte den Eingang des Theaters, gestiftet von
Verehrern nach seinem Tode (Bild /25/). Im Jahre 1873 wurde in diesem
Hause die Verne-Komödie |
/27/ Bearbeitetes Motiv nach: Olivier & Patrick Poivre D'Arvour: Le monde selon Jules Verne; Éditions France Loisirs / Éditions Mengés, Paris 2004; ISBN 2-7441-7920-5; Bildzitat von Seite 111; CF /5518/ /28/ Postkarte um 1910; CF /21227/ |
Théâtre du Chatelet
Rechts: Die Lage des Chatelet am Place du Chatelet, hier auf einer Postkarte mit historischen Details /28/. |
/29/ Postkarte um 1905, coloriert; CF /21239/ |
![]() Dieses Theater wurde 1861 von
Alphonse Cusin als Théâtre du Prince impérial gebaut. Später wurde es
dann in Théâtre Lyrique municipal de la Gaîté und danach in Théâtre
de la Gaîté-Lyrique umbenannt. In dieser Zeit fanden auch ab 1883 die
50 Aufführungen von Vernes
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/33/ Aus meiner Postkartensammlung: Das Theater am Boulevard Montmartre um 1830 in einem alten Stich, als Postkarte umgesetzt um 1890. CF /41407/ |
![]() Von allen auf dieser Seite vorgestellten Theatern ist das
Théâtre des Variétés eine rühmliche Ausnahme: Seitdem es am 24. Juni 1807 von
Marguerite Brunet, genannt Mademoiselle Montansier, eröffnet wurde, steht es am
gleichen Standort, trotzte allen äußerlichen Modernisierungen und es hat auch immer
seinen Namen behalten. Es wurde als musikalisches Unterhaltungstheaters gebaut.
Während es anfangs auch als Dialekttheater fungierte, wurde es in den Jahren ab
1860 durch die Aufführungen von Operetten von Jacques Offenbach bekannt. Hier
erfolgte auch die Uraufführung von Vernes Operette |
/30/ ANCIEN PARIS: Eine Postkartenserie um 1910, hier in der Darstellung des alten Theatre Ambigou um 1835; CF /21238/ /31/ Bildmotiv nach einer zeitgenössischen stereoskopischen Aufnahme zwischen 1890 und 1900, durch mich stark bearbeitet /32/ Fakten zu den Architekten aus: Kölner Universitäts-Journal 3-2005; Architekturen, Skizzen und Visionen von Eva Faresin, Seite 15 |
Die Architekten Jacques Ignace Hittorff und Jean-François-Joseph Lecointe bauten das Theatre de l'Ambigu-Comique, welches 1827 fertig gestellt wurde. Siehe dazu die Abbildung auf der linken Seite. Diese zeigt das Theater in einer Ansicht um 1835, in einem Stich, der ungefähr 1910 in einer Postkarte wiedergegeben wurde /30/. ![]() |
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Copyright © Andreas Fehrmann – 02/2006, letzte Aktualisierung 14. März 2021