Collection Fehrmann

Adolphe d'Ennery -

erfolgreicher Dramatiker der Werke von Jules Verne

Breif von d'Ennery
Brief von d'Ennery: Genehmigung aus den 80er Jahren des 19. JH mit eigenhändiger Unterschrift des Autors zur Freigabe der Aufführung eines Stückes von ihm; Briefkopf von der Gesellschaft der dramatischen Autoren und Komponisten – Agentur Debry; Original aus der Collection Fehrmann



Hinweise zu Quellen und zum Bildmaterial:


/1/ Le Journal illustré, Paris, 19. Juli 1885, S.2; CF /7274/

/2/ Isidore Singer, Emanuel Victor Rousseau: The Jewish Encyclopedia; 1901-1906 vom Verlag Funk & Wagnalls in New York; Artikel: ADOLPHE PHILIPPE D’ENNERY Seite 177

/3/ Le Monde illustré, Paris, 4. Dezember 1880, S.4; CF/7265/

/4/ Volker Dehs: Jules Verne - Eine kritische Biographie; Artemis & Winkler / Pathmos Verlag GmbH 2005; ISBN 3-538-07208-6; Zitat von Seite 215; CF /5513/

/5/ Max Popp: Julius Verne und sein Werk: 8. Kapitel. Zitat von Seite 167 und 168; CF /5503/

/6/ Jules Verne & Adolf Philipp d'Ennery: Les Voyages au théâtre; Paris 1881, Edition Hetzel, CF /7006/, siehe auch Abbildung unten


Les Voyages au Theatre


Adolphe d'Ennery

d'EnneryAn dieser Stelle möchte ich einen Mann vorstellen, der maßgeblichen Anteil am Theatererfolg Vernes hatte: Es ist der französische Bühnenautor Adolphe d’Ennery, der am 17. Juni 1811 in Paris geboren wurde und der dort bis zum 25. Januar 1899 lebte. Adolphe, der im realen Leben den Namen seiner Mutter Dennery“ trug, nannte sich aber publikumswirksam als Künstler D’Ennery, was ihm einen adligen Anschein gab. Diese geänderte Namensgebung wurde ihm ab 1860 offiziell zugestanden. Als Kunstschaffender hatte er vielseitige Facetten: Er war als Schriftsteller, Dramatiker, Librettist und Komponist tätig - seine künstlerische Heimat war die Theaterbühne. Dort war er sehr produktiv und erfolgreich, denn er brachte viele Dramen, Libretti und Vaudevilles auf die Bühne. Dadurch gehörte d’Ennery zu den gefragtesten Bühnendramatikern der damaligen Zeit.

Bild links: Motiv der Titelseite von /1/ v. 1885


Autogramm von d'EnneryBild rechts: Autogramm von d'Ennery aus dem ganz links dargestellten Brief

Zu den weniger bekannten Fakten seiner Biografie gehört, dass er 1851 Leiter des Théâtre Historique wurde, um im gleichen Jahr das neue Théâtre du Peuple zu eröffnen, welches dann in Théâtre du Prince Impérial umbenannt wurde (Details aus /2/). Durch seinen späteren kommerziellen Erfolg konnte er u.a. im Seebad Cabourg in der Normandie in ein Strandhotel und ein Casino investieren. Als zeitweiliger Bürgermeister der Stadt schaffte er es, diesen Ort zu einem beliebten Ziel von Pariser Theaterleuten, Schriftstellern und Künstlern zu machen.

Aber kehren wir wieder zum Theaterschaffen zurück: Heutige Nachschlagewerke sprechen von zweihundert Stücken, die er verfasste, er selbst antwortete 1885 in einem Interview der Zeitschrift Le Journal illustré auf diese Frage mit der Aussage: „Es müssen so zwischen zweihundert bis dreihundert gewesen sein, er bewahre keine Übersichten auf. Was getan ist, ist getan und kümmert ihn nicht mehr ...“ /1/. Die Le Monde illustré /3/ berichtet bereits 1880 von über 260 Bühnenwerken, die er schuf. Dort war auch zu lesen, dass Neider ihm im Theaterjargon „Tricks“ zusprachen - aber genau die waren es, die die Zuschauer fesselten. Der Verne-Biograph Dehs spricht in diesem Zusammenhang von Theaterstücken „... die sich weniger durch sprachlichen Schliff und thematische Originalität als durch eine publikumswirksame Handlungsführung auszeichneten.“ /4/

Über fünfzig Jahre war er in seinem Metier erfolgreich. Neben der hier beschriebenen Zusammenarbeit mit Jules Verne, schuf er Bühnenstücke gemeinsam mit Alexandre Dumas (Graf von Monte Christo), Auguste Anicet-Bourgeois (Gaspard Hauser / Kasper Hauser), Louis Gallet (Der Cid), Hector Crémieux (Aladin und die Wunderlampe) und vielen anderen Künstlern.

Schon in meinen einleitenden Worten zum Thema Jules Verne im Theater brachte ich zum Ausdruck, dass es Verne auf die Theaterbühnen zog. Bis zur Arbeit am Bühnenstück Reise um die Erde in 80 Tagen war der Erfolg Vernes am Theater bis 1872 überschaubar. Siehe dazu vertiefend die Übersicht der Theaterstücke Vernes. Die bis dato erfolgte Zusammenarbeit mit Édouard Cadol, Charles Wallut und Michel Carré führte nicht zu publikumswirksamen Stücken, anfangs bestimmt auch bedingt durch die von Verne ausgewählten Themen und Darstellungsformen. Erst als er begann seine eigenen Romane auf die Bühne zu bringen, sollte sich das Blatt wenden.

Aber das geschah nicht reibungslos. Noch während der Erarbeitung des Romans Reise um die Erde in 80 Tagen schwebte Verne eine Bühnenfassung vor. Dazu erklärte sich, wie schon erprobt, Eduoard Cadol bereit, diese zu schaffen. Das Ergebnis überzeugte nicht, oder wie Max Popp formulierte: „... Cadol versuchte sich daran, es gelang ihm jedoch nicht, etwas Passendes daraus zu machen.“ /5/. Die Querelen auf dem Weg zu einer Neufassung sind ausführlich in Dehs Biographie beschrieben (/4/ Seite 212 bis 215), die ich hier zum Vertiefen ausdrücklich empfehle. Popp fasst es so zusammen: „Da sagte der damalige Direktor des Theaters Porte-Saint-Martin, La Rochelle: »Der einzige Mann, der ein Theaterstück daraus schaffen kann, ist d’Ennery«, und er brachte Verne mit ihm in Verbindung.“/5/. D’Ennery hatte vor seiner Karriere als Bühnenautor wie Verne Jura studiert, was die zwei in Gesprächen öfters zum Besten gaben.

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Bild rechts: Schmuckelement aus dem Buch Les Voyages au théâtre /6/

Die Zusammenarbeit war für beide Autoren vorteilhaft: d’Ennery brachte seine Expertise im Bühnenschreiben ein, während Verne die fantastischen Ideen und die Popularität seiner Außergewöhnlichen Reisen beisteuerte. Ihre Partnerschaft führte zu mehreren erfolgreichen Theateradaptionen, die oft über Jahrzehnte hinweg aufgeführt wurden und die beiden zu großem Ruhm und Reichtum verhalfen.

Das Ergebnis der Zusammenarbeit waren die Theaterstücke:

Reise um die Erde in 80 Tagen (1874)

Die Kinder des Kapitän Grant (1878)

Der Kurier des Zaren (1880)

Die Reise durch das Unmögliche (1882) mit verschiedenen Motiven aus Romanen von Verne

Adolphe d'Ennery 1880Erwähnenswert in der Zusammenarbeit Verne / d'Ennery ist aber auch der Fakt, dass sich der katholisch geprägte Verne im moralisch lockeren Umfeld von d'Ennery, bei Aufenthalten in dessen Häusern und den dort üblichen Besuchern aus der Kunstszene - oft mit ihren Konkubinen, sichtlich unwohl fühlte. Da er zum Beispiel in der Schaffensphase der Kinder des Kapitän Grant oft gezwungen war den Kontakt zu seinem Dramaturgen zu suchen, fühlte er sich regelrecht angewidert von diesem Milieu. Trotz dieses Dissens thematisierte Verne aber nicht seine Abneigung direkt im Umgang mit d'Ennery. Er versuchte stets Konflikte zu umgehen. Seinen Unmut gegen dessen Person teilte er seinem Verleger Hetzel mit oder er versteckte ihn lieber in Anspielungen in nachfolgenden Romanen. Angestachelt wurde seine Eingenommenheit noch von dem Fakt, dass die Erlöse aus den Theaterstücken meistens für d'Ennery umfangreicher waren als für ihn. Trotz dieser Vorbehalte verbrachte Verne aber mehrere Monate  an den Wohnsitzen seines Theaterpartners, als dieser im Zeitraum 1888 bis 1890 gesundheitlich angeschlagen war.

Bild oben links: d'Ennery 1880 /3/

D‘Ennery hinterließ ein Vermögen von fast 6.000.000 France und stiftete sie großzügig Institutionen, mit denen er verbunden war. Vor seinem Tod schenkte er dem Staat eines seiner Häuser, mit einer Sammlung chinesischer und japanischer Vasen von großem Wert./2/. Diese fast 7000 Objekte der heutigen Ausstellung wurden vor allem von d’Ennerys Gattin Clémence Desgranges gesammelt. Heute ist das Haus das Musée d’Ennery in Paris. Nach den Wünschen von d’Ennery und dessen Frau ist es bis zur Jetztzeit fast unverändert geblieben und es ist bekannt für seine asiatische Kunst.


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