FILM
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Beispiel-DVD:

Film
von © KOBA FILMS VIDEO 2007
Hinweis
zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Frankreich:
Von 1949 bis 1964 gab es die Rundfunk- und Fernsehanstalt RTF
(Radiodiffusion-télévision française), unter deren Verantwortung dieser
Fernsehfilm entstand. 1964 wurde daraus das ORTF (Office de
Radiodiffusion Télévision Française) aus dem dann 1974 die sieben
Nachfolgegesellschaften für Rundfunk und Fernsehen entstanden.
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Die geheimnisvolle Insel:
Verfilmung Frankreich 1962 (Fernsehfilm in 2 Teilen)
Originaltitel: L'Ile Mystérieuse,
Regie: Claude Santelli (siehe auch die Verfilmung ORTF 1967: Wilhelm Storitz Geheimnis) und ORTF 1968: Herr Dis und Fräulein Es); Produzent: Pierre Badel; Buch: Flavienne
Loubery; Laufzeit von 117 Minuten. Erstausstrahlung im Fernsehen: RTF
28. April 1963. Darsteller: Michel Etcheverry als Cyrus Smith; Ibrahima
Seck als Nab; Jacques Grellot als Gideon Spillet; Armand Meffre als
Pencroff; Philippe Cussoneau als Harbert; Georges Géret als Ayrton;
Marco Perrin als Bob Harvey; René Arrieu als Kapitän Nemo u.v.a.m.
sowie der Hund Etou als Top.
Die
filmische Umsetzung hält sich ziemlich treu an die Vorlage des Romans,
kommt dabei aber ohne die Darstellung der eigentlichen Flucht aus dem
belagerten Richmond aus. Die Erzählung setzt in der Luft ein, in der
sich fünf Nordstaatler in einem Ballon befinden, nachdem sie als
Gefangene im Sezessionskrieges der USA einen bereitgestellten
Aufklärungsballon zur Flucht nutzen. Durch einen immer stärker
werdenden Orkan werden sie über den Pazifik entführt. Nachdem sie in
Gefahr geraten mit dem havarierten Ballon in das Meer zu stürzen,
entledigen sie sich aller Dinge einschließlich der Gondel, um ihre
Fahrt noch zu verlängern. Endlich kommen sie in Sichtweite einer Insel,
doch kurz vorher geht noch ihr Anführer über Bord und er verschwindet
im Meer. Gestrandet macht sich ein Teil der Gruppe auf die Suche nach
ihren Gefährten, während die Anderen die Felsgruppe der Kamine als
Lager vorbereiten. Wie im Buch, geht die Handlung mit der Auffindung
Cyrus Smith's seine Überführung in die Kamine weiter und selbst dessen
Lösung mit Hilfe von Uhrengläsern eine Brennlinse zu bauen um Feuer zu
entzünden, findet sich wieder (Szenenbild rechts, schon etwas
weiter in
der Handlung: Am selbstgebauten Telegraphen kommt eine Nachricht des
Unbekannten an. Von links nach rechts: Pencroff, Harbert, Ayrton, Nab,
Spilett und Cyrus Smith - © KOBA FILMS)
Den weiteren Ablauf kann ich einkürzen, da
es sich fast um eine Nachgestaltung des Romans im Bildlichen handelt.
Der Wiedererkennungseffekt ist wirklich verblüffend: Selbst solche
Details wie die Positionsbestimmung der Insel, die Urbarmachung des
Plateaus der Schönen Aussicht, die Gestaltung des Granite Houses (stark
an die Umsetzung der alten Stiche von Ferat orientiert), das Auffinden
des geheimnisvollen Standgutes, Pencroffs Biss auf das Schrotkorn oder
seine genießerische (wieder-) Entdeckung des Rauchens, sind vorhanden.
Das dann auch noch ein Nachbau des einfachen Telegraphen stattfand, ist
dann nur noch das „i“-Tüpfelchen. Zur
Straffung des Stoffes hat man die Rettung Ayrtons von der Nachbarinsel
weggelassen, die dann folgende Attacke der Piraten in der Darstellung
des Gesamtverlaufs wie im Roman, macht dies aber wieder wett, zumal
selbst die Rettung Harberts mit der Chiningabe des geheimnisvollen
Unbekannten zu sehen ist. Das dann auch der Schluss des Romans
identisch wiedergegeben wurde, ist dann eigentlich nur konsequent.
Bemerkungen:
Ich kann mich mit
zwei völlig unterschiedlichen Arten einer Literaturumsetzung
anfreunden. Die erste Variante widerspiegelt die Grundidee eines Buches
und gibt das Flair und die möglich erscheinende Realität der Romanidee
wieder. Die zweite Variante ist eine möglichst werksgetreue Umsetzung,
die vielleicht nicht die Möglichkeiten des Mediums Film voll
ausschöpft, die aber den Betrachter in die Lage versetzt, den Roman mit
lebenden Bildern zu illustrieren. Die letztere Möglichkeit erlebte ich
beim Betrachten dieses Filmes. Neben der heutzutage antiquiert
wirkenden Ausstrahlung des Films war gerade das Wiedererkennen von
Zitaten aus dem literarischen Werk ein angenehmer
Effekt. Claude Santelli, der Regisseur des Filmes, galt
schon seit den 50er Jahren als Meister der Umsetzung von Theaterstücken
auf kleinen Bühnen mit beschränktem Ensemble. Darauf aufbauend begann
er einige Jahre Später beim ORTF Bühnenstücke für das Fernsehen zu
adaptieren. Aus seinem als Serie angelegtem Projekt Das Theater der
Jugend (Théâtre
de la jeunesse), welches Werke von Oscar Wilde, Robert
Louis Stevenson und Victor Hugo umsetzte, gab es auch Adaptionen der
Romane von Jules Verne. Dazu zählte die hier besprochene
Verfilmung Die
geheimnisvolle Insel (L'Ile
Mystérieuse – 1962), weiterhin Schwarzindien (Les indes noires –
1964) und Das
Geheimnis des Wilhelm Storitz (Le secret de Wilhelm Storitz
-
1967).
 In der
vorliegenden DVD spiegelt sich ein Stück Fernsehgeschichte wieder,
beispielhaft für eine Entwicklung, die so vergleichbar in ganz Europa
der 60er Jahre stattfand: Das Fernsehen war angetreten, den
Freizeitbereich kulturell zu bereichern. Obwohl eingeschränkt in den
Mitteln, technisch wie finanziell, hatte man sich ehrgeizige Projekte
vorgenommen. Dazu gehörte eine Vielzahl von Adaptionen der Klassiker
der Literatur, die aber medienspezifisch, meist als Fernsehspiel
umgesetzt wurden. Diese neu aufgekommene Kunstgattung die stark am
Theater orientiert war, kennen wir auch vom Deutschen Fernsehen. Durch
das Format eines Fernsehspiels sind die filmischen Umsetzungen sehr
Dialog-lastig und Trickszenen, wenn überhaupt, dann sehr spartanisch
(Szenenbilder: Links die Nautilus in der Grotte und rechts das Treffen
mit Kapitän Nemo - © KOBA FILMS). Die geheimnisvolle
Insel in der
hier vorgestellten Version ist an sich eine Kuriosität. Denn anders als
das 62er Original, welches ein als Zweiteiler angelegte Fernsehfilm
war, wurde das Ganze als ein Stück auf der DVD vereinigt. Dazu kommt,
dass der Film auch im Original eine Inhomogenität in sich birgt: Die
Studioaufnahmen des Fernsehspiels, wie damals eigentlich üblich, wurden
mit Außenaufnahmen die auf Korsika gedreht wurden, komplettiert. Das
dies damals eine technische Herausforderung war, ist an den Problemen
der Tonaufnahmen mit unterschiedlichem Lautstärkepegel und der stark
abweichenden Beleuchtung von Innen und Außen zu spüren. Doch auch bei
der Verschmelzung der beiden Originalteile gingen die heutigen
Herausgeber nicht sorgfältig heran. Die „Verkittung“ ging mit einer
kleinen Kürzung einher, denn der Beginn des ursprünglich zweiten Teiles
inklusive der Erläuterung, dass inzwischen über zwei Jahre in der
Handlung vergangen waren, fiel weg. Das erklärt auch die am Anfang
vorhandene Einspielung des Titels des ersten Teils des Buches, eine
Idee die dann rein optisch keine Fortsetzung im zweiten Teil findet. Da
erst gegen Ende der 60er Jahre mit dem 1956 in Frankreich entwickelten
SÉCAM-Farbsystem beim ORTF in Farbe ausgestrahlt wurde, handelt es sich
bei dem Fernsehfilm von 1962 naturgemäß um schwarz-weiß Aufnahmen. Das
Filmmaterial der DVD ist im unrestaurierten Zustand, doch dies lässt
den Streifen, dessen Alter dadurch erkennbar ist, sehr authentisch
erscheinen. Leider hat der vorliegende Film nur eine
französisch-sprachige Mono-Tonspur, was die Verbreitung bestimmt lokal
begrenzt.
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