Collection Fehrmann

Jules Vernes „Voyages extraordinaires"

- Band VE 41 -



Beispielbücher:



Oben: Fischer Taschenbuchverlag GmbH, Frankfurt am Main, Lizenzausgabe des Verlages Bärmeier & Nikel, Frankfurt am Main 1968, Neu übersetzt und eingerichtet (und stark gekürzt!) von W. Wondratschek. JV Band 18 – Fischer. ISBN 3 436 01286 6. Mit einem Teil der Holzstich-Illustrationen der Originalausgabe bei Pierre-Jules Hetzel (CF /4102/) . Buch unten: © 1985 bei Diogenes Verlag AG Zürich 80/85/8/1 ISBN 3 257 21243 7; Neuübersetzung von Christa Hotz und Ute Haffmans; 81 Illustrationen von L. Bennett - aus der Originalausgabe bei Pierre-Jules Hetzel. Aus diesem Buch sind auch die rechts gezeigten Bildzitate. (CF /4101/)






Quellen:

/1/ Julius Verne: Die Propellerinsel; A. Hartleben's Verlag Wien, Pest, Leipzig 1897; mit 408 Seiten und 81 Illustrationen; CF /4107/

/2/ Jules Verne et Jules Hetzel: Magasin d'Éducation et de Récréation – Nouvelle série; 1re année; 1895, 2e semestre, 62e Volume de la collection; Bildzitat von Karte zwischen Seite 232 und 233; CF /6638/

/3/ Jules Verne L'Île à Hélice; Bibliotheque D'Education et de Recreation Paris; 14.11.1895; 424 Seiten, 80 Illustrationen, davon 12 in Farbe und Karten, CF /4108/; Bildzitat von Seite 169




Die Propellerinsel (1895) auch: Die Insel der Milliardäre

Die Originalausgabe erschien 1895 in zwei Bänden bei Pierre-Jules Hetzel in Paris. Und zwar am 16. Mai Band I und am 14. November 1895 Band II, beide unter dem Titel L'Île à hélice. Eine frühe deutschsprachige Erstausgabe erschien 1897 bei Hartleben (siehe rechts /1/).

Die vier französischen Musiker Yvernes, Frascolin, Pinchinat und Zorn befinden sich auf einer Kutschfahrt unterwegs von San Franzisko zum nächsten Konzert nach San Diego. Unterwegs hat man einen Unfall und die Kutsche kann nicht mit eigenen Mitteln weiterfahren. Zur Untätigkeit verbannt, beschließen die Musiker zu Fuß den nächsten Ort in Richtung San Diego aufzusuchen. Im Dunkeln gelangen sie in einen ihnen unbekannten Ort. Da man mitten in der Nacht keine Notiz von ihnen nimmt, versuchen sie durch Musizieren Aufmerksamkeit zu erregen. Die Fenster der Anwohner bleiben verschlossen, aber ein herbei geeilter Mann bietet ihnen ein Nachtquartier in einer nahe gelegenen Stadt an. Dorthin ist nur noch ein Fluss zu überqueren.

Besteck aufnehmenNach dem Übersetzten gelangen die Musiker in eine elegante Stadtanlage, die sie hier in dieser Einöde nicht vermutet hätten. Der nächste Tag hält eine Überraschung für sie bereit: Sie befinden sich auf einer schwimmenden Rieseninsel aus Stahl, auf der man sie mit sanfter Gewalt entführt hat. Geldschwere Amerikaner haben sich durch die besten Ingenieure aus einzelnen ponton-ähnlichen Kammern eine künstliche Insel gebaut. Diese ist voll manövrierfähig, denn sie wird von riesigen 10.000 PS starken Maschinen getrieben. Die Propellerinsel, Standard-Island genannt, hat eine eigens darauf errichtete Stadt: Die durch den Reichtum der Besitzer treffend auf „Milliard-City“ getauft wurde. Dieses Gebilde kreuzt mit seinen Einwohnern durch die Weltmeere.  Bild links: Positionsbestimmung durch die Offiziere. Weitere Details zur Nautik in Vernes Werken auf meiner Seite: Der Sextant bei Verne . Die Musiker sind auf dies stählerne Eiland entführt worden, um den Reichen die Zeit vertreiben.

Nachdem man mit sehr viel Geld die Musiker „überredet“ hat, einen Ein-Jahres-Vertrag anzunehmen, lernen sie die Insel mit all ihrem Luxus kennen. Aber eines bemerken auch sie: Durch die Insel geht eine unsichtbare Grenze: Das Einzugsgebiet der Milliardäre Coverly und Tankerdon. Beide scharen um sich die ihrer jeweiligen Konfession nahe stehenden Familien, so dass sich praktisch die Parteien der Backbord- und der Steuerbordseite ergeben. Pikant an diesem Zwist ist die gemeinsame Liebe der beiden Kinder der Familien, die so gar nicht zum erbitterten Schlagabtausch der Familienoberhäupter passt.


Karte oben: Die Reiseroute von Standard-Island /2/

Bild rechts: /3/ Aufbau der Signalverbindung an der Boje

Aber die idyllischen Tage der Insel sind gezählt: Noch während man von Kalifornien kommend, ganz Ozeanien durchfährt, und häufig zur Unterhaltung Inselbesuche durchführt, braut sich etwas zusammen. Nachdem nach einer Kollision mit einem Malaien-Boot die Schiffbrüchigen an Bord genommen wurden, planen diese sich des Eilandes als reiche Beute anzunehmen. Dies wollen sie mit der Hilfe von angeworbenen Insulanern nahe gelegener Archipel schaffen. Ein Kampf auf Leben und Tod beginnt. Dieser Anschlag lässt sich zwar unter großen Verlusten niederringen, aber durch die internen Streitigkeiten der Parteien bahnt sich das endgültige Ende an. Da man sich zwischen der Backbord- und Steuerbordseite der Insel nicht über eine einzuschlagende Richtung einigen kann, havariert die Insel nach einem sinnlosen Kräftemessen der Antriebsmaschinen (siehe dazu auch das untere Textzitat). Als die nun angeschlagene Propellerinsel in ein Unwetter gerät, bricht sie in ihre Einzelteile auseinander und nicht alle überleben das Fiasko. Zu den Geretteten gehören aber unsere Musiker, die es schafften, sich via Aukland endlich nach San Diego übersetzen zu lassen. Jetzt kann das versprochene Konzert stattfinden....

Nachtrag: Technische Details zum Antrieb der Insel habe ich auf meiner Seite Technikgeschichte Jules Vernes: Kapitel 3 – Antriebskraft aufgezeigt und erläutert. Details zur Straßenbeleuchtung sind auf der Seite Technikgeschichte Jules Vernes: Kapitel 1 – Beleuchtung zu finden.

Allgemeines: Jules Verne nutzt seine technische Utopie um gesellschaftliche Zustände zu karikieren. Anlass dazu war die 1888 durchgeführte Wahl des Stadtrates in Amiens. Der nicht gerade fair geführte Wahlkampf gab ihm genug Stoff für solche Betrachtungen, die sich im Schlagaustausch der oben beschriebenen Familien Tankerdon und Coverly niederschlugen. Verne kandidierte übrigens ebenfalls für den Stadtrat, dem er dann für kulturelle Fragen, viele Jahre angehörte. Beim Lesen des Buches ist mir Folgendes aufgefallen: Sticheleien gegen den britischen „Inselnachbarn“ sind ja öfters mal bei Verne zu finden. In diesem Werk lässt er sich allerdings zu ziemlich deutlichen „Spitzen“ gegen die Briten hinreißen.

Zum Vergleich der oben vorgestellten Bücher: Während FISCHER das Werk im Taschenbuchformat auf gerade mal 142 Seiten „neu einrichtet“, benötigt DIOGENES dafür in der gleichen Größe 472 Seiten. Deutlicher kann man die bei FISCHER durchgeführte „Vergewaltigung“ eines Werkes nicht darstellen. Vielleicht noch ein Vergleich der Stilistik: Zitat DIOGENES-Version Seite 439 „Infolge der Rotation von Standard Island wurden viele Bewohner der Insel, besonders Frauen, von einem fürchterlichen Schwindelgefühl befallen. Hauptsächlich in den vom Zentrum weiter entfernten Häusern plagte viele eine heftige Übelkeit.“ Bei FISCHER liest sich die gleiche Stelle auf Seite 132 so: „Infolge der rasanten Drehbewegung wurde es sehr vielen Milliadesern fürchterlich schwindlig. Besonders jene Familien, deren Häuser an der Peripherie lagen, klagten über Übelkeit.“ Und weiter geht es mit einer FISCHER-Schöpfung: „Verschieden Familien hielten sich nur noch im Badezimmer auf, sie verbrachten ihre Tage über dem Waschbecken, über dem Wasserklosett, über den Abfalleimern. Sie übergaben sich, als müssten sie einen Weltrekord im Kotzen aufstellen.“ Ich glaube weitere Beispiele kann ich mir sparen ...

Film 1

 Die Propellerinsel - Animationsfilm BRD 1974

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Hinweis: Beschrieben werden nur in meiner Sammlung befindliche Bücher und Verfilmungen. Dargestellte Bücher sind Beispiele daraus.

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© Andreas Fehrmann 12/00, letzte Aktualisierung 1. Januar 2016