Quellenangaben
/ Bildmaterial:
/1/ Photo Sammlung Scholz: Verlagsgebäude
der Bibliographische Anstalt Leipzig
/ 2/ Fotos (c) 2024: Dr. Boris Hinz;
Ich bedanke mich an dieser Stelle bei dem Bildautor
für die Bereitstellung der Fotos zur Nutzung auf meiner Seite, welches mir
mit Mail vom 23.5.2024 bestätigt wurde.
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Der
Verlag Adolph Schumann
Über
Adolph Schumann (* ca. 1860, † 1926) wissen wir heute kaum noch etwas,
obwohl er nach zeitgenössischen Quellen ein angesehenes Mitglied des
Leipziger Buchhandels gewesen sein muss. Er war Inhaber mehrerer
Verlage, sein erfolgreichstes Unternehmen war die Bibliographische
Anstalt,
die er 1900 von dem Berliner Magnus Warschauer erworben hatte und in
der auch Julius Verne’s Reiseromane erschienen. Die Verlagsräume
befanden sich in Leipzig in der Königstraße 21/23, der heutigen
Goldschmidtstraße. Bild rechts /1/
Auf den Spuren
von Adolph Schumann
Seine Verlagsräume in der damaligen Leipziger Königstraße 21/23, also seine Arbeitsstelle, lag im jetzigen Ortsteil
Zentrum-Südost im Stadtbezirk Mitte. Wenn wir uns von dort aus rund drei bis
vier Kilometer in Richtung des Völkerschlachtdenkmals bewegen, gelangen wir an
seinen letzten Wohnort: Es ist ein repräsentatives Einfamilienhaus, welches er
sich kurz vor seinem Tode, 1924 erbauen ließ.
Leider konnte er sich nur zwei
Jahre daran erfreuen. Nach ihm hatte das Haus eine wechselvolle Geschichte. Es
wurde verkauft und ging durch mehrere Hände. Eine interessante Episode aus Sicht des Buch- und Verlagswesens gab es
zeitweilig zu DDR-Zeiten, denn in dem Gebäude wohnten städtische
Uni-Bibliothekare. Den in den 90er Jahre beginnenden Verfall des Hauses
beendete ein neuer Besitzer, der die Immobilie mit Enthusiasmus wieder zu
seiner ursprünglichen Schönheit verhalf.
Unweit seiner ehemaligen
Wirkungsstätte in der Königsstraße liegt der alte Johannisfriedhof neben dem
heutigen Grassimuseum. Dort befindet sich die letzte Ruhestätte von Adolph
Schumann. Auf diesem geschichtsträchtigen Begräbnisplatz fanden noch andere Leipziger
Verleger, so auch die Familie Brockhaus, einen würdigen Ruheplatz. Es ist
anzunehmen, dass das nebenstehende Bild das Familiengrab der Familie Schumann
zeigt.
Ein aufmerksamer
Bücherfreund hat uns einen kleinen Einblick in das Umfeld des Herausgebers von Julius Verne’s Reiseromanen ermöglicht.
Danke! (Bilder oben links und rechts /2/)

Für die Recherche von weiteren Personen im Umfeld von Jules Verne
empfehle ich das Personenregister dieser Domain. |
-
- Der Autor
des Hauptbeitrages dieser Ausarbeitung ist Norbert Scholz. Er
gestattete mir seine
Arbeit hier zu veröffentlichen. Demzufolge sind die hier gegebenen
Einschätzungen und Aussagen ("... ich habe ...") als seine Meinung zu
verstehen. Dies bitte ich zu beachten.
-

Quellenangaben
/ Bildmaterial:
- /3/
Scholz, Norbert:
Warum
durfte Nemo zweimal leben? Die Jules-Verne-Reihe der Bibliographischen
Anstalt A. Schumann. In: NAUTILUS, Zeitung des Jules Verne Clubs, Nr.
18, Oktober 2010, S. 31-40. (Bild oben). Nur der Hauptbeitrag ist
textidentisch. Das Bildmaterial auf dieser Seite wurde exclusiv für den WEB-Beitrag zusammengestellt.
- /4/
Thadewald, Wolfgang: Julius Verne’s Reiseromane (Hardcover-Reihe)
Bibliographische Anstalt Adolph Schumann Leipzig. In: Wimmer, Heinrich
(Hrsg.): Bibliographisches Lexikon der utopisch-phantastischen
Literatur - Verlags- und Reihenbibliographien.
Meitingen
1987ff. 18. Erg.-Lfg. März 1993, S. 1-31.
/5/
Ursprünglich nahm Thadewald als Entstehungsjahr „um 1915“ an, siehe:
Pleticha, Heinrich (Hrsg.): Jules Verne Handbuch. Stuttgart 1992, S.
309. Er änderte (s. Anm. /2/) die Datierung jedoch aufgrund seiner
späteren Untersuchungsergebnisse.
- /6/
Beispiel Leinenausgabe Bd. 36 Die grossen Seefahrer des 18.
Jahrhunderts (CF /G0303/)
- /7/ Annonce
der Firma Hugo Horn im Katalog zur Kunstausstellung für den Buchhandel,
Amsterdam, 1892.
/8/
Broschur-Umschläge zu Reise
durch die Sonnenwelt, Teil 2 (Band 24), Zwei Jahre Ferien, Teil 2
(Band 56) und Mathias
Sandorf, Teil 2 (Band
49) alle Sammlung Scholz
- /9/
Die
geheimnisvolle Insel, Teil 2 (Band 9),
CF /1281/.
- /10/
Vergleiche zur Reproduktionstechnik (aus Sammlung Scholz):
Ganz
links das Original komlett; Mitte Ausschnitt aus Le Docteur Ox,
aus: Les
Voyages Extraordinaires, S. 121, Hetzel, Paris. Rechts: Julius Verne’s Reiseromane,
Band 26: Eine Idee des
Doktor Ox, Titelbild, Bibliographische Anstalt Adolph
Schumann, Leipzig. Anmerkung: Im gleichnamigen Band 20 der Collection Verne
von Hartleben stammt das Titelbild nicht aus Ein Drama in den Lüften,
sondern aus der Erzählung Eine
Überwinterung im Eise.
- /11/ Spätere
Ausgaben:
Die geheimnisvolle Insel, Teil 1 (Band 8); CF /1224/
- /12/
Spätere Ausgaben - links: Mistreß
Branican (Doppelband 60/61), rechts Die Eissphinx
(Doppelband 72/73), alle Sammlung Scholz.
-
|
Die
Reihe Julius Verne’s Reiseromane
Die
Reiseromane sind ein satzidentischer Nachdruck der Bände 1
bis 82 der Collection
Verne
des Verlags A. Hartleben mit einigen Besonderheiten, auf die wir noch
zu sprechen kommen. Hartleben reagierte damit auf
die Ausgabe
Jules
Vernes Werke des Weichert-Verlags, die dieser ab 1901
speziell für den Vertrieb über den Warenhausbuchhandel auf den Markt
warf. Adolph Schumann brachte seine Lizenzreihe wahrscheinlich im
Zeitraum 1903 bis 1906 heraus. Dafür gibt es zwar keine direkte Quelle,
jedoch eine Reihe von Indizien /3/. Unter anderem spricht für das
Anfangsjahr 1903 die Tatsache, dass Hartleben 1903 mit seinen
Veröffentlichungen gerade bei Band 81/82 Die Gebrüder Kip
angelangt war. Bereits 1906 tauchten dann schon die höheren Bandnummern
der Reiseromane in Bibliotheksverzeichnissen auf /1/, oder lassen sich
durch handschriftliche Datumseinträge nachweisen /4/. Damit ist eine
frühere Altersbestimmung auf das Jahr 1915 als überholt
anzusehen
/5/. Schumann hatte es also fertiggebracht, in höchstens drei Jahren
alle 82 Bände zu produzieren, pro Monat mindestens zwei!
Eine
der Besonderheiten der Reiseromane
ist die von der Collection
Verne
abweichende Bandnummerierung, die von Schumann offensichtlich schon von
Anfang an so festgelegt wurde, denn die komplette Titelliste findet
sich schon im ersten Band auf dem vorderen Vorsatz (Bild oben links).
Siehe
dazu auch die Auflistung auf der Seite:
Bibliographische Anstalt Adolph
Schumann in
Leipzig: Julius Verne's Reiseromane. Den Anlass dafür vermute
ich im
kaufmännischen Denken Schumanns. Der wirtschaftliche Erfolg war ihm
wichtig, Ansprüche an die Werktreue waren dem untergeordnet. Hätte er –
chronologisch korrekt – mit den Mondromanen begonnen, wäre er der
Weichert-Reihe
um zwei Jahre versetzt
hinterher gehechelt. Er wählte
daher eine Strategie, die dann allerdings zum bekannten
Nemo-Paradoxon führte: Als Erstes ließ er die zwölf Romane drucken,
die Weichert zwischen Ende 1902 und Ende 1903 herausgegeben hat, bzw.
noch vorhatte, herauszugeben. Zum Beispiel brachte Schumann sehr früh
als Band 8 bis 10
Die geheimnisvolle Insel heraus, die von Weichert
erst für das Weihnachtsgeschäft 1903 geplant war. Die einstelligen
Hartleben-Nummern dagegen (und da waren die 20.000 Meilen unter'm
Meer dabei) hob er sich für Band 13 und
folgende auf, um
dann anschließend die Reihe in etwa dem Verlauf bei Hartleben bis zum
vertragsmäßig vereinbarten Band 82 folgen zu
lassen. Ob
er sich schon anfangs zum Ziel gesetzt hatte Weichert bis dorthin
überholt zu haben,
wissen wir nicht, es gelang ihm aber.
 Die
Leinenbände (Bild links /6/) von Julius
Verne’s Reiseromane werden antiquarisch relativ
häufig angeboten. Signifikant ist ihr einheitliches
Deckelbild,
symbolisierend die Reisen zu Wasser, in der Luft und im Weltenraum.
Entstanden ist dieser Entwurf in der Gravieranstalt des Leipziger
Künstlers Hugo Horn. Biographisch gesehen teilt Horn das Schicksal von
A. Schumann: Seine Vita ist unbekannt, man weiß von ihm nur, dass seine
Firma zu den führenden Gravieranstalten in Leipzig gehörte (Bild oben rechts
/7/). Der Eînbandentwurf
zu den Reiseromanen, gehörte für ihn wohl eher zu den
„Brotaufträgen“, denn
man kennt von ihm eine Vielzahl Entwürfe zu Verlagseinbänden, die aus
künstlerischer Sicht viel prächtiger gestaltet sind.
Im
Gegensatz zu den Leinenbänden sind in heutiger Zeit die Broschuren mit
ihren abwechslungsreich gestalteten Umschlägen fast unbekannt
Ursprünglich werden sie sich
mengenmäßig mit der gebundenen Ausgabe die Waage gehalten haben, haben
aber auf Grund ihrer Herstellweise /3/ die Zeiten nicht
überdauert.
Auf diese Broschuren wurde regelmäßigbei den Titellisten ("broschiert
75 Pfg.", siehe Bild oben) hingewiesen.
Nachfolgend einige Beispiele. Der Einbandentwurf von
Hugo Horn ist dabei als Farbdruck vertreten (unten links /8/),
ebenfalls von H.
Horn ist der Entwurf von Zwei
Jahre Ferien,
der mehr inhaltsbezogen ist. Das folgende Buch mit einer direkten Szene
aus dem Inhalt, die Flucht des Grafen Sandorf durch die
Höhle des Buco, stammt von einem unbekannten Künstler.
Generell
gilt: Mehrbändige
Romane haben
immer den
gleichen Umschlagentwurf. Mein
Favorit ist Umschlag zu den Bänden 8 bis 10 Die
Geheimnisvolle Insel (Bild links /9/). Dieser
muss in einem ganz frühen Stadium der Edition
entstanden sein. Er ähnelt stilistisch den Jugend- und
Indianerschriften, die massenhaft in der Zeit vor und um die
Jahrhundertwende produziert wurden. Allerdings gab es auf der Geheimnisvollen Insel
gar keine Indianer, so dass wohl anzunehmen
ist, dass in der Eile einfach ein älterer Entwurf, der ungefähr passte,
verwendet wurde.
Bebilderung
Sowohl
in den Broschuren als auch in den gebundenen Varianten ist der Abdruck
eines Holzstiches aus Hartlebens Reihe
Bekannte und Unbekannte Welten
als Titelbild (Frontispiz) vorhanden. Mehrbändige Romane haben
unterschiedliche Titelbilder. Die Illustrationen sind nicht identisch
mit der Druckvorlage des entsprechenden Bandes der Collection Verne.
Schumann wollte hier wohl eine eigenständige Note in die Reihe
einbringen. Die Bilder wirken im Gegensatz zu den Originaldrucken
dunkel und flau. Das liegt nicht am Druck, sondern daran, dass neue
Klischees hergestellt werden mussten. Schumann ließ dafür Abbildungen
aus Hartleben-Büchern photographisch reproduzieren. Das Ergebnis dieser
sogenannten Phototypien konnte jedoch bei weitem nicht mithalten
mit
der
Auflösung der Originalabdrucke von den ursprünglichen Holzstichen. Hier
als Beispiel der Sturz des Rasenden in Ein Drama in den Lüften,
gestochen von Ch. Barbant. Siehe besonders den verlorengegangen
Tonschnitt am rechten Hosenbein und die vermutlich
nachretuschierte
Strichzeichnung des Himmels. (Bildmaterial siehe /10/)
Spätere Ausgaben
[N.
Scholz / A. Fehrmann] Später
verlegte Schumann fast die gleiche Reihe nochmals in einem anderen
Erscheinungsbild. Kennzeichnend für diese Ausgaben sind die
einheitlichen Gestaltung des Buchrückens und die elegante
Jugendstilgrafik auf dem Deckel. Farbgebung: Golddruck auf blauen
Leineneinband (siehe nebenstehendes Bild /11/). Der Buchblock selbst
ist
identisch mit der ursprünglichen Reihe, der Vorsatz ist weiß ohne
Titellisten. Wann und zu welchem Zweck diese Variante erschien, ist
uns unbekannt. Meine Bemerkung zum Buchrücken,
dass keine Titel eingedruckt wurden und daher alle
Bücher im
Bücherschrank gleich aussehen, brachte Norbert auf die Idee, dass dies
einen ganz einfachen Grund haben könnte. Dazu muss man wissen, dass
Adolph Schumann auch Inhaber einer
Reisebuchhandlung war. Reisebuchhandlungen verkauften über Vertreter,
sogenannte Reisende oder
Handelsreisende repräsentative
Sammelwerke und Lexika. Zielgruppe war ein in der Regel
weitaus mehr status- als lesebeflissenes bürgerliches Publikum. Meist
war der Einband bzw. die Wirkung im Bücherschrank wichtiger
als
der Inhalt. Wenn also der Band sowieso nicht aus
dem Bücherschrank genommen wird … Der
mögliche Zeitraum für
diese Ausgabe wäre damit eng eingegrenzt, da die Reisebuchhandlung A.
Schumann schon 1912 nach beendigter Liquidation erlosch.
Aber
auch die Jahre der
Bibliographischen Anstalt waren gezählt, sie wurde
1915 im Adressbuch des Deutschen Buchhandels gestrichen.
Einige Jahre
später, vermutlich Anfang der zwanziger Jahre, wurden einzelne Werke
nochmals in einer anderen Einbandvariante verlegt, aufgebunden von
unverkauften, aber bereits gehefteten Buchblöcken. Die gleiche
Verfahrensweise kennen wir ja von den sogenannten
Gelben Prachtausgaben des
Hermann-Michel-Verlags, der
Restauflagen von Hartleben zu diesem Zwecke erwarb. Hier im Falle der
Reiseromane ist allerdings unbekannt, ob der Verlag durch Schumann
selbst, der ja zu dieser Zeit noch lebte, oder durch
einen noch
unbekannten Buchhändler, ggf. Johs. Dege, erfolgte.
Wie unten gezeigt sind es
Halbleinenbände in unterschiedlichen Montagen. Die Deckel sind zu einem
Drittel mit Leinen, der Rest
mit unterschiedlichstem Buntpapier bezogen. Dabei handelte es sich nach
heutigem Kenntnisstand nur um ursprünglich zweibändige Werke, wie Band
60/61 Mistreß
Branican (Bild links), und Band 72/73 Die Eissphinx
(Bild rechts) die jeweils zu einem Doppelband zusammengebunden wurden.
/12/. Hier eine Übersicht der uns bis dato bekannten Ausgaben in dieser Erscheinungsform:
Band 23/24 Reise durch die Sonnenwelt
Band 35/36 Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
Band 37/38 Das
Dampfhaus Band 44/45 Keraban der Starrkopf
Band 48 Mathias Sandorf Erster Band
Band
55/56 Zwei
Jahre
Ferien Band 58/59 Die Familie ohne Namen Band
60/61 Mistreß
Branican Band 68/69 Die
Propeller-Insel Band 72/73 Die Eissphinx Band 74/75 Der stolze Orinoco Band
76/77 Das Testament
eines Exentrischen Band 78/79 Das zweite Vaterland
Für weitere Nachweise wären
wir dankbar. - N. Scholz &
A. Fehrmann

  Unserem Aufruf folgte
Andreas Fink, der wie links zu sehen ist, mit dem Doppelband
78/79 den Nachweis für Das
zweite
Vaterland lieferte. Matthias Kenter machte auf den Doppelband 58/59 Die Familie ohne Namen aufmerksam (rechts) und auf Band 35/36 Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts (Bildmaterial ist auch vorhanden). Michael Kuzina konnte eine neue Variante der Eissphinx beisteuern. Siehe dazu den Einzelband in der obere Reihe - das rechte Motiv.
Zuarbeiten uns unbekannter Bücher haben wir in der vorgenannten Auflistung aufgenommen. Weiter so Buchfreunde!
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