Jules Verne und die Elektrizität: Kapitel 2: Die Ruhmkorfflampe |
Jules Verne Zitate sind rechts im Text wie gewohnt in blau dargestellt. Ausschnitt aus der Allegorie „Elektrizität“ um 1900
Ergänzende Verbindungen im Internet & Danksagungen Hiermit bedanke ich mich für
konstruktive Hinweise bei Lorne Clark. Auf seiner
WEB-Seite Ähnlich gelagert ist die Seite von
John D. Jenkins Ich bedanke mich bei Marijn
van Hoorn von Teylers
Museum Haarlem / Holland für seine Hinweise und der
Zusendung von Material (Quelle /11/ und /12/). Das Museum ist über
diesen Verbindung erreichbar: Dank gebührt auch Karol van Bastelaar, der mir die entscheidenden Hinweise für die real existierenden Ruhmkorff-Leuchten gab. Karol ist Autor des Buches: De Jules Verne gids (The Jules Verne Guide Book / Der Jules Verne Führer) welches im März 2005 erschien. Hans-Peter Stampfl übersetzte mir dankenswerter Weise den französischen Fachtext (/12/).
Robert Wilhelm Bunsen (1811-1899)
J. Heinrich Geissler (1815 bis 1879)
Für die Recherche von weiteren Personen im Umfeld von Jules Verne
empfehle ich das
Quellenangaben, und vielleicht der Reiz etwas mehr darüber zu lesen? (Die Systematisierung bezieht sich nur auf die Nutzung für diesen Beitrag) /1/ Meyers Lexikon, 10. Band, Bibliographisches Institut Leipzig, Leipzig 1929 /2/ Der große Brockhaus, 16. Band, F. A. Brockhaus Leipzig, Leipzig 1933 /3/ Jules Verne: Reise zum Mittelpunkt der Erde, zitiert aus Fischer Taschenbuchverlag Frankfurt am Main, 1996, Seite 88 /4/ Jule Verne: Von der Erde zum Mond, zitiert aus der Ausgabe des Hartlebens Verlag Wien Pest Leipzig 1874, Seite 173 /5/ Jules Verne 20.000 Meilen unter den Meeren zitiert aus Fischer Taschenbuchverlag Frankfurt am Main, 1997; Seite 177 /6/ Goldene Bibliothek der Bildung und des Wissens, Buch: Grundlehren der Physik; Bilz Verlag Leipzig 1905; Zitat von Seite 252 /7/ ebenda Seite 264 /8/ ebenda Seite 265 /9/ Roland Göök: Die großen Erfindungen: Bergbau – Kohle – Erdöl, Siegloch Edition Künzelsau 1991, Seite 187 /10/ Collection Lorne Clark (siehe oben bei Verbindungen) /11/ Gerard L'E. Turner: The Practice of Science in the 19th Century – Teaching and Research Apparatus in the Teyler Museum; Imperial College, University of London 1996. Bild Nr. 802, Textpassage wurde von mir frei übersetzt /12/ COMPTES RENDUS, tome 55 (1862), Paris, Académie des Sciences, Seite 439/440. Übersetzung von Hans-Peter Stampfl /13/ Bild: © Teylers Museum Haarlem: >Miner's Lamps< (neben der RuhmkorffLeuchte noch ein neueres Modell, für die Abbildung rechts im Text wurde das Bild nachbearbeitet)
/14/ Bild gefunden bei Leonard de Vries: De bliksem getemd (frei: Das gezähmte Licht); 1979 © by Gooise uitgeverij /15/ BÖRKEL, W. & WOECKNER, H. (1987): Des Bergmanns Geleucht. Bilderatlas vom Kienspanhalter bis zur elektrischen Grubenlampe; Band IV, 2. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen. Zitat von Seite 392 /16/ Bildquelle: © 20th Century Fox, USA 1959 Journey to the Center of the Earth /17/ Eine Produktion der Kunsthochschule für Medien in Köln in Kooperation mit der IFS Internationale Filmschule Köln. Buch und Regie: Thorsten Kleinschmidt; Format 19:6, Laufzeit 75 Minuten. Danke Thorsten und weiterhin viel Erfolg! /18/ Hinweis durch Günter Reichl via Mail vom 12. Sept. 2019 /19/ Foto © Reichl April 2004, Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Bildautors
Quelle /3/ bis /9/ aus Collection Fehrmann. INFORMATIONSMATERIAL ALS DOWNLOAD-ANGEBOT: Anbei eine gut auswertbare Zusammenfassung des Themas. Diese Materialien lassen sich in Präsentationen, Ausstellungen oder in Vorträgen nutzen. Ich bitte bei Weiterverwendung um Angabe meiner Urheberschaft.
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Aus der Vielzahl beschriebener technischer Anwendungen hebt sich eine Einzellösung ab, der wir in mehreren Romanen Vernes begegnen: Die Ruhmkorfflampe (The Ruhmkorff Lamp – The Ruhmkorff Apparatus). Aus diesem Grunde also ein Extrakapitel, welches dieser Idee gewidmet ist. DIE UNIVERSELLE UND BEWEGLICHE LICHTQUELLE In seinen Romanen hat Verne dem Namen Rühmkorff / Ruhmkorff ein bleibendes Denkmal gesetzt. Wer war Rühmkorff und wodurch übte er so eine Faszination auf Jules Verne aus?
Für die Recherche von weiteren Personen im Umfeld von Jules Verne
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Die Erfolge Ruhmkorffs und seine öffentlichkeitswirksamen Experimente führten dazu, dass er in der Mitte des 19. Jahrhunderts, speziell in Frankreich „in aller Munde war“. So konnte Jules Verne, der ständig nach technischen Anregungen suchte, ihn zwangsweise in seinen Recherchen nicht verfehlen. Durch Beschreibungen der Funktionsprinzipien Ruhmkorff’scher Entwicklungen angeregt, initiierten diese bei Verne die Idee, ein Spektrum praktischer Anwendungsmöglichkeiten zu beschreiben. So begegnen wir zum ersten Male den
Namen des Mechanikers in der
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Aber kehren wir wieder zurück zur Beschreibung der Leuchten Jules Vernes. Anhand des Zitates /5/ möchte ich kurz die Wirkungsweise der Baugruppen erläutern, aus denen Verne seinen Ruhmkorffapparat fiktiv „gebaut“ hat. Später möchte ich dann die Gesamtschöpfung analysieren.
Der deutsche Chemiker Robert Wilhelm Bunsen (1811-1899), den meisten vielleicht mehr bekannt durch die Begründung der Spektralanalyse oder seinem Bunsenbrenner, entwickelte eine recht wirksame Spannungsquelle, das Bunsensche Element (english: Bunsen Pile). „Zink taucht in verdünnte Schwefelsäure, Kohle in konzentrierte Salpersäure. Die beiden Flüssigkeiten sind durch eine poröse Tonzelle getrennt.“ /6/ Da mir keine Abbildung dazu vorlag, möchte ich bildhaft an dieser Stelle (siehe Bild rechts) das Bunsen'sche Tauch-Element zeigen. Man spricht von einem Tauchelement, da die Eintauchtiefe der Zinkplatte im Elektrolyt von außen eingestellt werden kann. Das Grundprinzip ist identisch.
Nun folgt die Erfindung Ruhmkorffs:
Soweit die Erfindung Ruhmkorffs. Als solche nicht für Beleuchtungszwecke nutzbar. Aber mit einer nützlichen Ergänzung eines anderen Erfinders, sieht die Sache schon ganz anders aus. „Wird in die Funkenstrecke eine verschlossene, annähernd luftleer gemachte Glasröhre gebracht, welche an beiden Enden ein Stück Platindraht eingeschmolzen erhält, welcher mit den Polklemmen des Funkeninduktors in leitende Verbindung gebracht ist, so wird sich der durch die Röhre gehende Funke in ein wellenartiges, büschelähnliches Licht verwandeln“ /8/. Diese Laboranordnung sehen wir im nächsten Bild unten links aus der Sammlung von Lorne Clark /10/ und sie entspricht dem nächsten Bauelement: Die „gläserne Spirale“ Jules Vernes
Zwei Problemkreise mussten von Faraday überwunden werden: Zuerst die Bereitstellung der zur Gasentladung erforderlichen Spannung und zweitens, die konstruktive Lösung des „Gasbehälters“. Durch Nutzung der Ruhmkorffinduktionspule konnte er ab 1850 seine Experimente forcieren. Der eigentliche Durchbruch gelang den Technikern aber erst durch Nutzung der sogenannten Geissler-Röhre (english: Geissler Tube). Der deutsche Glasbläser J. Heinrich Geissler (1815 bis 1879) schuf einen Glaskolben, an dessen Enden Platindrähte eingeschmolzen waren. Die luftevakuierten Röhren wurden mit einem unter schwachen Druck stehenden Gas gefüllt und nach Anlegen einer Hochspannung wurden die Röhren in gasspezifischen Farben zum Leuchten gebracht. Dazu als Beispiel das Bild links (Quelle: /8/). Das klingt doch eigentlich wie der mögliche Bauplan einer Ruhmkorffleuchte, oder? Zumal wir der gläsernen Spirale der Verne'schen Beschreibung entsprechen. Bereits
nach 1855 (also nach der Publikation und der Auszeichnung Ruhmkorffs
für seine Spule) bis zum Erscheinen der oben genannten Verne-Bücher hat
es mehrere Experimente und praktische Versuche in dieser Richtung
gegeben. Ich fand zwar viele Andeutungen, praktische Ergebnisse dazu
sind allerdings nicht sehr verbreitet. Eine Anwendung fand ich durch
die Veröffentlichung der Ergebnisse einer öffentliche Demonstration der
Kombination mit Geissler-Röhren zum diamantenen Jubiläum der Königin
Viktoria im Jahre 1887. Als Spannungsquelle diente dazu der durch James
Wimshurst (1832 bis 1903) entwickelte und optimal arbeitende
elektrostatische Generator (auch Wimshurst-Maschine genannt). Es stand
also die Frage, ob es in der Technikgeschichte eine nachweislich
funktionierende Ruhmkorffleuchte nach dem von Verne beschriebenen
Prinzip gab. So vermutete ich, das Verne in seiner Fantasie den
fiktiven Erfolg der „Ruhmkorfflampe“ vorab beschrieb.
Die Ruhmkorffleuchte existierte!
„>Miner's Lamp< Gefäß 295 x 145 x 285 mm, Länge der Leuchte 253 mm und Durchmesser 45 mm. Eine elektrische Sicherheitslampe für den Bergarbeiter in einem Lederfutteral für den Transport mit einer chemischen Batterie und einer Induktionsspule. Die Geißler’sche Röhre ist in einem geschlossenen Glaszylinder, gespeist durch eine Batterie und einer Spule. Es ist eine interessante Anwendung einer Geißler’schen Röhre, durch die eine offene Flamme verhindert wird. Gekauft durch W.M. Logeman aus Haarlem mit einem Rechnungsdatum vom Februar 1864. Diese Leuchte wurde mit einer Mitteilung der Herren A. Dumas und Dr. Benoit 1862 bereits vorgestellt. Sie erhielten 1864 dafür eine Auszeichnung von 1000 Francs.“ /11/ (Bild: © Teylers Museum Haarlem). Großzügiger Weise schickte mir Herr Marijn van Hoorn, Konservator des Museums, nicht nur die Kopie von /11/, sondern auch noch den betreffenden Auszug aus der Bezugsquelle der Veröffentlichung von 1862. In Frankreich erschien im COMPTES RENDUS der Académie des Sciences (einer Art Rechenschaftsbericht der Akademie der Wissenschaften) 1862 der nachfolgende Beitrag (siehe nachfolgend Faksimile von /12/ ) den ich hier komplett wiedergeben möchte: ANGEWANDTE
PHYSIK – Mitteilung über einen Apparat, der geeignet ist, Bergleuten
bei ihrer Arbeit unter Tage mit Hilfe von Induktionslicht zu leuchten. „…Wir erheben keinen Anspruch auf die Ehre, als erste die Idee gehabt zu haben, eine neue Art der Beleuchtung im Bergbau anzuwenden; jedoch haben wir nach den vielen Informationen um uns herum erkannt, dass bis heute nichts derart Praktisches auf diesem Gebiet produziert worden ist. Was die Art des Leuchtmittels betrifft, welches wir gewählt haben, ist es nicht das erste Mal, dass dieses verwendet wurde. Herr du Moncel hat davon bereits praktischen Gebrauch gemacht, als er die glückliche Idee hatte, Leuchtröhren von bestimmter Form in den Mundraum einzuführen, um dessen einzelne Bereiche zu untersuchen. Wir haben selbst den Experimenten von Herrn Despretz an der Sorbonne und Herrn Gavarret an der Medizinschule beigewohnt, und die Erinnerung an die Wirkung dieses Lichts hat uns auf den Gedanken gebracht, es für die Nutzung im Bergbau zu verwenden. „Unser Apparat setzt sich aus drei Hauptbestandteilen zusammen – erstens einem Batterieelement, zweitens einer Ruhmkorff-Spule und drittens einer Geysler-Leuchtröhre – das Ganze ist so aufgebaut, dass es ausreichend Licht erzeugt, um dem Bergmann zu leuchten und ihm zu gestatten zu arbeiten, selbst in einer Umgebung, wo andere Lampen ausgehen. „Das erzeugte Licht ist kalt oder erwärmt vielmehr nicht die Röhre, in der es entsteht, und es ist für Gas unzugänglich. Der gesamte Apparat ist perfekt isoliert; er ist genauso robust wie die Lampen, deren er sich bedient; kein schädliches oder störendes Ausströmen ist festzustellen. Man kann ihn beliebig und unverzüglich aus- oder einschalten. „Der Apparat kann mindestens zwölf Stunden hintereinander funktionieren, ohne dass das Licht schwächer wird oder man etwas ändern muss; der Arbeiter muss nur ab und zu einmal die Kohle mit einem Stab bewegen. „Die größte Schwierigkeit bestand darin, eine Batterie derartiger Intensität und eine entsprechend gebaute Spule so zu kombinieren, dass die Größe und das Gewicht des Apparats so gering wie möglich und das erzeugte Licht von größter Regelmäßigkeit und mindestens zwölf Stunden Dauer waren. So ist unser Apparat, dessen Dimensionen wir sicher noch verringern können, bereits von ausreichend geringer Größe, damit der Bergmann ihn ohne Umstände wie eine kleine Jagdtasche mitnehmen kann und entweder beide Hände frei hat oder in der einen die Leuchtröhre hält, die er nach Belieben abnehmen kann, um sich genauer umzusehen. „Die Fälle, in denen diese Beleuchtungsweise angewandt werden kann, sind zahlreich und bedeutend. Wir haben schon auf Kohlegruben hingewiesen und fügen hinzu: Steinsalzbergwerke, in denen mitunter Schlagwetter auftreten; Ölschiefergruben; Gaswerke, wenn man Rohre reparieren will; Abwasserkanäle, wenn es darum geht, sie zu reinigen oder zu inspizieren; Chemie-, Alkohol- oder Ölschieferfabriken; Arsenale und Pulverkammern; Schiffe, wenn das Licht dem Wind nicht standhält oder in Bereiche vorgedrungen werden muss, die explosive Substanzen enthalten; im Krieg bei bestimmten Erkundungsmissionen in der Nacht und, mit einem speziellen Zusatzmechanismus an der Spule, zum gleichzeitigen und unmittelbaren Zünden mehrerer Minen. Der Vorteil, den Apparat beliebig an- und ausschalten zu können, ist dem Soldaten in bestimmten Fällen von großem Nutzen. „Schließlich kann dank einer Verbindung des Atemgeräts von Herrn Rouqueirol mit dem unseren jeder Arbeiter nunmehr in völliger Sicherheit sich dort aufhalten und leuchten, wo er das vorher nicht konnte. „Zum Schluss müssen wir hinzufügen, dass die Ergebnisse, die wir mit Unterstützung von Herrn Ruhmkorff bei der Anwendung der Leuchtröhren von Herrn Becquerel erzielt haben, uns hoffen lassen, die Leuchtwirkung unseres Apparates noch zufriedenstellender gestalten zu können, im Hinblick auf die Dauer wie auf die Intensität.“ /12/ ![]() ![]()
Aber Karol van Bastelaar machte noch eine Entdeckung. In einer anderen Quelle fand er einen weiteren Beweis: In der weiter oben rechten Abbildung sehen wir eine Ruhmkorff-Leuchte aus einem Buch von Leonard de Vries /14/. Es werden keine weiteren Detailangaben gemacht. Als Entstehungszeit wird ca. 1860 angegeben.
Jetzt ergibt sich eine neue Fragestellung: Wieso ist die Leuchte, die offensichtlich voll funktionstüchtig war, nicht breitenwirksam zum Einsatz gekommen? Wieso bricht die Entwicklung nach diesen Beschreibungen und dem Beispielexemplaren ab? Eine erste Antwort darauf gab Leonard de Vries in seinem Buch: Die Leuchte war nicht erfolgreich, weil sie zu teuer und zu anfällig war. Diese Meinung wird von anderen Spezialisten geteilt und sogar noch ergänzt. So kann man im Buch: „Des Bergmanns Geleucht“ /15/ lesen: „Seit dem Jahre 1860 wird unter Tage elektrisches Geleucht benutzt. Die Franzosen DUMAS und BENOIT erzeugten mit Hilfe einer Geißlerschen Röhre in Verbindung mit einem Funkeninduktor Licht. Hoher Preis und großes Gewicht dieses Licht spendenden Apparates beschränkten jedoch seine Verbreitung . ![]() Jules Verne griff eine neue, aber vorhandene Entwicklung der damaligen Zeit auf. Er verbreitete die Lösung noch in seinen Romanen, als die Praxis sich schon anderen Ideen zugewandt hatte. So bleibt die „Ruhmkorff-Leuchte“ durch ihren Einzug in die Romane Vernes bei allen Lesern in bleibender Erinnerung. Und
noch eine Ergänzung: Die beschriebene Lösung mit der Batterie hat
natürlich nur eine begrenzte Lichtausbeute und Leuchtdauer. Dieses
Problem haben die Filmemacher der 1959er
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Copyright © Andreas Fehrmann – 03/2003, letzte Aktualisierung 26. April 2021