Logo maritim

Maritime Navigation in den Büchern Jules Vernes





Wie auch in anderen Beiträgen dieser Domain: Zitate von Jules Verne werden in blau dargestellt und in Originalschreibweise.













QUELLVERWEISE und weiterführende / genutzte Literatur (Die Systematik bezieht sich nur auf diesen Beitrag):


/1/ Jules Verne: 20.000 Meilen unter den Meeren ; Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1997; ISBN 3-596-13376-9; Zitat von Seite 152 (CF /0603/)

/2/ Jules Verne: Die geheimnisvolle Insel , Verlag Neues Leben Berlin 1965, 3. Aufl. 1971, Lizenz Nr. 303/130/71; Zitat von Seite 228 u.ff. (CF /1208/)

/3/ Jules Verne: Die Insel der Milliardäre, 1985 Diogenes Verlag AG Zürich; ISBN 3 257 212437; Zitat von Seite 126 (CF /4101/)

/4/ Bobby Schenk: Yacht Navigation – Vom Zirkel bis zum GPS, Delius Klasing & Co, Bielefeld 1993; Zeichnung von Helmut Seltmann; ISBN 3-7688-0799-1: Zitat von Seite 195

/5/ Fotos im Text: 25x25 cm Replik eines historischen Instruments (Instrument aus meiner Sammlung, Fotos / Grafik: Fehrmann)






Zurück zu:

 20.000 Meilen unter dem Meer – Das Buch (VE 6)

 DIe geheimnisvolle Inse“ – Das Buch (VE 12)

 Die Propellerinsel – Das Buch (VE 41)

Das geheimnisvolle Strandgut, eine Detailseite des Romans Die geheimnisvolle Insel

Menü: Die Welt der Technik Jules Vernes





Der Sextant – Nautik bei Jules Verne, an Beispielen erläutert ...

Nemo nimmt Besteck aufDer maritim interessierte Jules Verne hatte aufgrund seiner eigenen Erfahrungen und dem Umgang mit seinen Yachten Saint Michel 1 bis 3 ein fundiertes Wissen in Fragen der Seefahrt, speziell auch der Nautik. Dies führt in seinen Büchern wiederholt zu präzisen Beschreibungen, die für „Landratten“ ziemlich beeindruckend sind. Machen wir also beispielhaft einen Ausflug in einige seiner Bücher ....

Begleiten wir zuerst Professor Arronax, einem der Helden des Romans 20.000 Meilen unter den Meeren (VE 6), beim Ausstieg auf die Plattform der Nautilus, als diese auf dem Ozean driftet. Er beschreibt seine Beobachtungen wie folgt: Die See war wunderbar ruhig, der Himmel klar. Der lange Bootskörper wurde von der sanften Dünung des Ozeans umspült, ohne sich indes viel zu bewegen. Eine leichte Brise aus dem Osten kräuselte das Wasser. Der glasklare Horizont gewährte eine ausgezeichnete Rundumsicht.“ ... „Kapitän Nemo stellte mit dem Sextanten die Sonnenhöhe fest, die ihm den Breitengrad angeben sollte. Er wartete ein paar Minuten ab, bis das Gestirn am Horizont herabsank. Während er seine Messung anstellte, zitterte er nicht ein einziges Mal. Eine Hand aus Marmor hätte das Instrument nicht ruhiger umfaßt. >Jetzt ist es Mittag<, sagte er. >Herr Professor, wenn sie so liebenswürdig wären ...< Ich war einen letzten Blick auf die gelblich schimmernde See und stieg wieder in den Salon hinab. Dort nahm der Kapitän das Besteck und berechnete mit Hilfe des Chronometers die Länge, auf er auf der Basis vorangegangener Stundenwinkelbeobachtungen überprüfte.“ ... /1/

Mein SextantIn der Fortführung der Trilogie erleben wir im letzten Teil, im Roman Die geheimnisvolle Insel (VE 12), gleich zwei praktische Exkurse in angewandter Nautik: Zuerst wird die Position der Insel mit einfachsten Mitteln versucht zu berechnen. Nachdem dann mit dem „Geheimnisvollen Strandgut“ eine gute Ausrüstung mit Instrumenten vorhanden ist, kann mit dem dort enthaltenen Sextant die vorher ermittelte Position präzisiert werden. Besuchen wir jetzt im zweiten Beispiel die Kolonisten der Geheimnisvollen Insel. Dort hat gerade Gideon Spilett einen guten Gedanken: „>Mein lieber Cyrus, haben Sie, seit Sie den in der Kiste gefundenen Sextanten besitzen, die Lage unserer Insel nochmals bestimmt?< - >Nein<, antwortete der Ingenieur. >Sie haben recht, lieber Spilett, ich hätte diese Berichtigung schon früher vornehmen sollen. Wenn allerdings damals ein Irrtum unterlaufen ist, so kann es sich im schlimmsten Fall nur um fünf Grad handeln. Das werden wir morgen feststellen.<

Die Insel der MilliardäreAm folgenden Tag nahm der Ingenieur die nötigen Beobachtungen vor und kam zu folgendem Ergebnis: Die erste Beobachtung hatte für die Lage der Insel 150 bis 155° westlicher Länge und 30 bis 35° südlicher Breite ergeben. Die zweite ergab genau 150°30' westlicher Länge und 34°57' südlicher Breite. Cyrus hatte also trotz seiner primitiven Geräte so geschickt operiert, da? Sein Fehler tatsächlich nicht über fünf Grad betrug.“/2/

Im Band VE 41 : Die Propellerinsel , bekannt auch unter Insel der Milliardäre, werden nautische Probleme gleich im Team gelöst. Hier gab es eine Besonderheit: Während sich sonst üblicherweise nur Schiffe auf dem Ozean bewegten, wurde hier eine stählerne Insel gebaut, dessen Riesenpontons durch riesige Antriebe über den Pazifik bewegt wurden. Auch für dieses schwimmende Ungetüm war die Positionsbestimmung wichtig: Die Fahrt ging weiter gen Westen. Jeden Tag, beim Meridiandurchgang der Sonne, bestimmten die Offiziere des Observatoriums, die unter Befehl von Kommodore Ethel Simcoe standen, die genaue Lage der Insel. Eine vierteilige Tafel an den Seiten des Rathausturmes zeigte die Position nach Längen- und Breitengrade an. ... Die Milliardäre waren demnach immer über den Standort ihrer Insel informiert.“ /3/


Nachdem wir praktische Anwendungen aus den Romanen kennen gelernt haben, wollen wir uns jetzt ein bisschen Theorie aneignen.

Prinzip und Aufbau eines Sextant

Prinzipaufbau meines SextantenDer 1731 erfundene Sextant ist ein einfaches, aber präzises Winkelmessgerät. Es dient zur Beobachtung von zwei Dingen: Dem Horizont und dem Gestirn. Die gemessenen und berechneten Werte dienen der Positionsbestimmung. Während heutzutage seine Wertigkeit oft durch das moderne und bequeme GPS in Frage gestellt wird, werden gerade professionelle Nautiker ohne dieses Instrument kaum auf Fahrt gehen. Spätestens in Krisensituationen, wo die Zuverlässigkeit des GPS in Frage gestellt wird (Satelitensignalunterdrückung) oder bei elektronischen Problemen, sollte eine Positionsbestimmung traditioneller Art seine Berechtigung haben.

Zum Aufbau des Instruments: Hier habe ich mal alle in der Literatur gefundenen Begriffe zusammengetragen. Um das Ganze bildlich darzustellen habe ich meinen Sextanten mal auf eine Seekarte gelegt und fotografiert (siehe Bild links /5/). Der Sextant besteht im wesentlichsten aus folgenden Teilen: (1) dem Fernglas, welches auf dem (2) Körper (auch Korpus) montiert ist. Dem (3) Horizontspiegel (auch „feststehender“ Spiegel oder „kleiner Spiegel“genannt) und dem (4) Indexspiegel. (auch „Großer Spiegel“ oder „drehbarer Spiegel“ genannt). Beiden können unterschiedlichst intensiv gefärbte (5) Schattengläser (auch Blendgläser genannt) „vorgestellt“ werden. Am unteren Teil sehen wir den am (2) Korpus angebrachten (6) Limbus (der eigentlichen Gradeinteilung, auch Gradbogen genannt), auf dem die Grade abgelesen werden und der (7) Trommel (auch Messschraube genannt), auf der die Minuten des gemessenen Winkels abgelesen werden. Der bewegliche Teil (auch Arm oder Dreharm genannt) ist die (8) Alhidade. Diese trägt die Ablesemarke, den Index (dort zeigt der grüne Strich der 8 hin). Mit der Alhidade ist die (7) Trommel, und der (4) Indexspiegel direkt verbunden.

Zur Funktionsweise: Der Horizont wird direkt anvisiert und das Gestirn über zwei Spiegel. In meiner Prinzipdarstellung habe ich diese beiden möglichen Strahlengänge eingezeichnet: BLAU stellt den direkten Strahlengang dar (Direktpeilung eines Objektes, des Horizonts) und ROT den indirekten Strahlengang (Reflexion über Horizont- und Indexspiegel zum Gestirn). Der Obere, also der Indexspiegel, wird so durch den beweglichen Arm eingestellt, dass durch Veränderung der Spiegelstellung das Gestirn auf den Horizont „heruntergeholt“ werden kann. Der dann abzulesende Winkel entspricht dem Winkel zwischen Horizont und Gestirn, von der Position des Beobachters. FunktionsweiseIn Quelle /4/ habe ich zur Funktion eines Sextant die rechts zitierte Prinzipskizze vom Grafiker Helmut Seltmann mit folgender Erläuterung des Autors Bobby Schenk gefunden: „Das Gestirn wird mit der drehbaren Alhidade, auf der sich der Indexspiegel befindet, anvisiert und vom Indexspiegel auf den Horizontspiegel so gespiegelt, dass der Betrachter es gut im Bild hat. Gleichzeitig sieht der Navigator durch die halbrunde Öffnung im Horizontspiegel den eingespiegelten Horizont.“

Ergänzend dazu schrieb mir der Praktiker Bernhard Krauth (siehe auch Wo liegt eigentlich die Insel Kapitän Grants) :Es gibt zwei Wege ein Gestirn zu peilen: a) Ich stelle den Index auf Null, avisiere das Gestirn, und beginne nun sein Spiegelbild mittels Verschieben der Alhidade auf dem Limbus dieses Spiegelbild mit dem Horizont in Deckung zu bringen. Daher spricht man vom "Sterne herunterholen". Das "Sterne schiessen" ist der gesamte Vorgang, den erst einmal muß der Stern "geschossen", also optisch mit dem Fernrohr eingefangen werden. b) Ich kenne die ungefähre Höhe und Richtung des Gestirn und stelle diese Höhe bereits auf dem Sextanten ein. Dann halte ich den Sextanten waagrecht, also den Horizont angepeilt, und drehe mich in die Richtung des Gestirnes, daß dann, wenn die eingestellte Höhe einigermaßen stimmt, im Spiegelbild auftauchen muß. Jetzt muß für den exakten Wert dieses Spiegelbild nur noch mit der Kimm in Deckung gebracht werden.“

Um mit dem Gerät zuverlässig umzugehen ist eine genaue Kenntnis der Nautik, eine gehörige Portion Praxis und eine ruhige Hand wichtig. Denn Messfehler durch Verkantungen, Schwenkungen oder Pendelungen können leicht eine Differenz von 20 bis 30 Seemeilen zwischen ermittelten und wahren Standort ergeben. Jetzt verstehen wir auch das Lob Professor Arronax' an Nemos Arbeitsstil: Während er seine Messung anstellte, zitterte er nicht ein einziges Mal. Eine Hand aus Marmor hätte das Instrument nicht ruhiger umfaßt. /1/


NACH OBEN - SEITENANFANG

zurück zum Menü JV maritim
zum Menü JV maritim
Zurück zu Jules Verne & Technik
zum Menü JV Technik

Zur Seitenübersicht (Site - Map)

Copyright © Andreas Fehrmann – 10/2003, letzte Aktualisierung 16. Jan. 2019