Jules Verne - rätselhaft (2)



Nautilus 21

NAUTILUS Nr. 21 - April 2012; CF /6792/

Bildquelle:

Szenenbild aus  Auf der Suche nach Kapitän Grant, UdSSR 1985, Regie Stanislaw Goworuchin (Das Bildmotiv ist reine Dekoration, ist weder echt noch hat es etwas mit dem Rätsel zu tun)

Rätselauflösung:

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Gewitterwolken am Olymp

 Erschrocken über sich selbst, hatte er das schwere Eingangstor doch lauter in das Schloss fallen lassen als beabsichtigt. Doch dies war nur ein äußeres Zeichen seiner inneren Bewegtheit. Jetzt stand Jules Verne wieder im hellen Sonnenlicht der Rue Jacob 18. Noch ein paar Stunden zuvor hatte er geglaubt, dass sein Besuch in Paris erfolgreicher verlaufen würde.

Sein letztes Manuskript hatte er erst vor etwa zehn Tagen Pierre-Jules Hetzel übergeben. Zwar hatten sie im Vorfeld bereits über das Romanprojekt gesprochen, trotzdem war er wie immer neugierig auf die Einschätzung seines Verlegers. Diese war aber diesmal ganz anders ausgefallen als erwartet. Schon nach wenigen Tagen war die erste schriftliche Reaktion Hetzels eingetroffen. In der Morgenpost fand er dessen Brief, in der ihm eigenen krakeligen Schrift. Hetzel hatte zwar noch nicht den kompletten Text durchgelesen, aber entsprechend seiner Sichtweise, die eben auch die eines Geschäftsmannes war, hatte er zuerst einmal Beginn und Schluss des Romans gelesen, um sie auf ihre Publikumswirksamkeit zu prüfen.

HETZEL als FilmkulisseUnd der Schluss war es, der komplett seiner Kritik zum Opfer fiel. Schon in diesem ersten Brief kam die Aufforderung: „Unmöglich! Komplett umschreiben!“. Sofort griff Verne zur Feder, um zur Verteidigung überzugehen. Zum Teil konnte er Hetzels Sicht ja nachvollziehen: Das Thema des Romans war allzu fantastisch, als dass es in das Projekt der Voyages extraordinaires passte, in denen Glaubwürdigkeit die Kardinalstugend war. Und deshalb verlangte Hetzel nun die nachträgliche Klarstellung, dass es sich um einen Traum handelte, nur um einen Traum, eine reine Fantasiegeschichte, die das beschriebene Geschehen für den Leser akzeptabel machen sollte. Jules Verne schäumte: Eine Unglaubwürdigkeit durch eine noch abstrusere zu ersetzen, das war mit seinem Plan wirklich nicht vereinbar.

Emotionsgeladen nahm er sich ein Blatt Papier vor und begründete, weshalb er sich nicht ans Umschreiben machen wollte. Schade, dass er nicht mehr in Paris wohnte. Dort wurde die Post mehrfach am Tage zugestellt. Aber vielleicht hatte er Glück, und schon am Folgetag würde sein Protest auf dem Schreibtisch von Hetzel liegen. Dies schien geklappt zu haben, denn bereits am übernächsten Tag kam dessen Antwort zurück. Als er morgens an seinem Schreibtisch saß, hatte ihm Honorine stillschweigend den Brief übergeben. Sofort legte er seine Feder beiseite, um den Brief zu öffnen. Seiner Frau schwante schon, dass etwas in der Luft lag. Jules hatte seinen Brieföffner wie eine Waffe geführt. Diskret zog sie sich zurück. Ihr Gefühl täuschte sie nicht. Als sie die Stufen hinab ging, machte sich ihr Mann in seinem Zimmer durch einen derben Fluch Luft. „Sieh an…“, dachte sie, er kann doch noch Gefühle zeigen.“

Der Grund war leicht zu verstehen, denn was Jules schon geahnt hatte: Der alte Hetzel wich nicht einen Deut von seiner vorgefassten Meinung ab. Seine Kritik war noch schärfer geworden. Das musste geklärt werden! Sofort schrieb er zurück, er wolle sich am Folgetag nachmittags persönlich im Verlag bei ihm melden.

Jetzt, nach dem Besuch in Hetzels Bureau, war Jules Vernes Stimmung völlig dahin. Er hatte seinen Verleger nicht zu einem Einlenken bewegen können. Nach einigem Hin und Her hatte dieser sein schon öfters angewendetes Totschlagargument vorgeschoben: Er sei schließlich für den kommerziellen Erfolg verantwortlich, und davon lebe ja auch ein Jules Verne als Autor, und nicht zuletzt dessen Familie...

Eiligen Schrittes, heftig seinen Stock schwenkend, ging er zur Ecke Rue des Saints-Pères. Dort hoffte er eine Kutsche zu finden, um möglichst schnell zum Bahnhof zu gelangen.

Diese Geschichte ist natürlich rein fiktiv. Aber der eigentliche Aufhänger ist real. Welchen Roman musste Verne auf Hetzels Druck umschreiben und mit einem neuen Schluss versehen, um ihn von einer realen Geschichte zu einer Traumsequenz zu machen?

NAUTILUS 22

NAUTILUS Nr. 22 - April 2013; CF /6800/

Bildquelle Bild im Text:Aus meiner Sammlung alter franz. Postkarten - Südliches Tunesien - Dattelpalmen; auch in der NAUTILUS; aber kein Hinweis auf die Romanvorlage

Rätselauflösung:

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Die Karawane

 

KarawaneJules Verne saß an seinem Schreibtisch und sah zum Fenster heraus. Er ließ seine Gedanken schweifen. Also: Sie waren mit dem Schiff im Hafen angekommen und hatten ihre Recherchen durchgeführt, um dem Geheimnis der noch fehlenden Information näher zu kommen. Jetzt suchten sie einen sicheren Weg zurück. Er grübelte vor sich hin. Da er gerade den Faden nicht weiterspinnen konnte, blätterte er zur Überbrückung in einem Nachschlagewerk und fügte in der soeben niedergeschriebenen Hafenbeschreibung noch die wichtigsten landesspezifischen Handelsgüter ein. Seine Feder kratzte über den Papierbogen.

So, noch etwas Flair durch Beschreibung von Palmen und osmanischen Bauwerken … Tiere fehlten noch. Tiere machten sich immer gut. In seinem Kopf versuchte er sich eine Szenerie vorzustellen. Palmen umsäumten ein weißes Haus, Kamele wankten vorbei … wie damals 1879, als er mit seinem Bruder Paul mit der Saint Michel Algerien besuchte und sie einen Abstecher in die nahe Küstenregion machten. Klare Bilder entstanden, aus den Erinnerungen hervorgekramt. Richtig, an dieser Stelle könnte er eigentlich mal wieder Kamele, vielleicht sogar eine ganze Karawane einbauen. Schiffsreisen gab es schon zur Genüge in seinem Manuskript und allerlei Hafenimpressionen hatte er auch schon beschrieben, jetzt könnte der Weg wieder einmal über Land gehen. Sozusagen mit einem Wüstenschiff. Das war auch sicherer, denn in der letzten Schiffspassage des Vorkapitels hatte er die Gefahr von Seeräubern angesprochen. Das nächste Reiseziel, eigentlich eine Etappe zurück, muss also mit einer Karawane auf dem Landweg erreichbar sein. Er fühlte, wie er wieder in Schreibfluss kam, und aus seinem Hintergrundwissen formulierte er eine Diskussion über die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Reittiere. Mit der Feder stellte er eine Karawane aus Maultieren, Eseln und Kamelen zusammen.

Um die Situation nicht so steif  zu gestalten, malte er dem Leser aus, wie der nicht gerade zierliche Akteur das stabil gebaute Kamel zugesprochen bekam. Er schmunzelte vor sich hin, als er beschrieb, wie der Reiter auf dem Tier den gesamten Raum zwischen den Fetthöckern des Wüstenschiffes ausfüllte. Die Karawane startete also, durchzog anfangs den noch bewaldeten Streifen entlang der Küste, aber dann wurde die Vegetation spärlicher… Verne überlegte wieder – sollten jetzt seine Helden den Übergang zur Sandwüste nehmen? Kurzentschlossen beschrieb er noch die abendliche Rast unter einem riesigen Baum …
Diese fiktive Geschichte soll die Ideenfindung eines Teiles eines Romans beschreiben,
der in mehreren Regionen spielt – an dieser Stelle aber an der Nordostseite Afrikas. Um welchen Roman handelt es sich? NACHTRAG: Das Rätsel war und ist eine ziemliche Herausforderung. Unter den damaligen Zusendungen der Rätsellöser der NAUTILUS war nur eine richtige Antwort. Die gesuchte Stelle im Roman war ziemlich versteckt. Damit ist es auch eine Herausforderung für die jetzigen Leser meiner WEB-Seite ...
Nautilus Oktober 13 Nr. 23

NAUTILUS Nr. 23 - Oktober 2013; CF /6808/

Bildquelle Bild im Text:  Foto © Fehrmann 2011

Rätselauflösung:

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Der seltsame Besucher

Die Türme der Bibliothèque nationale de France reckten sich in den trüben Morgenhimmel. Marc stieg aus der Pariser Metrostation Quai de la Gare und eilte der Straße entlang  zur Bibliothek. Er war spät dran, denn in ein paar Stunden musste er schon wieder im Zentrum sein, private Reisevorbereitungen standen an. Er hastete die Treppenstufen hinauf, um zu den von ihm schon lange erwarteten Materialien zu gelangen.

Seit zwei Jahren recherchierte er in allen ihm verfügbaren, möglichst alten Quellen zum Thema Jules Verne. Dabei versuchte er die Persönlichkeit des Literaten zu erkennen, denn sein Ziel war es, diese zum Thema einer Spezialpublikation zu machen. Schon seit seiner Jugend beschäftigte er sich mit der Person Verne. In seinen Recherchen hatte  er versucht, Beweggründe und Reflexionen des „Menschen“  Verne im Spiegel seines damaligen Umfeldes zu erkennen und zu verstehen. Heimlich bildete er sich ein, schon etwas in die Gedankenwelt seines  Idols eingedrungen zu sein.

Er freute sich, dass alle bestellten Unterlagen  für ihn verfügbar waren. Bestimmt hatten sie schon den Weg über die kilometerlangen automatischen Buchtransportbänder zur benannten Ausgabe genommen. Er nahm sie in Empfang  und voller Freude zog er sich in den zugewiesenen Leseraum zurück.  Schon kurz nach der Eröffnung gegen Ende der neunziger Jahre besuchte er dieses Haus. Doch die angenehme Atmosphäre älterer und vor allem kleinerer Bibliotheken wollte sich in dem modernen und durchorganisierten Bau nie so recht einstellen.  Er nahm den angewiesenen Platz ein, nachdem er kurz sein Umfeld betrachtete hatte. Zur Zeit saß nur ein Leser in seiner unmittelbaren Nähe. Nachdem er vor sich die auszuwertenden Schätze platziert hatte, hatte er diesen auch schon wieder vergessen. Er schwelgte in den Dokumenten.

Die BNF in Paris (2011)Durch ein Scharren und Stuhlrücken aufmerksam geworden, sah er sich seinen Nachbarn kurz aufblickend näher an. Ungewöhnlich für die üblicherweise herrschende Arbeitsatmosphäre war dieser mit einem Anzug ziemlich förmlich gekleidet. Dazu passte auch ein nicht so oft anzutreffender Backenbart, der sein Gesicht einrahmte.  Er hatte ein Buch vor sich liegen, in das er vertieft war. Marc wollte sich gerade wieder einem alten Protokoll widmen, als ihm eine im Unterbewusstsein registrierte Auffälligkeit stutzig werden ließ. Er betrachtete seinen Nachbarn direkter. Sein diskret gefärbter Anzug passte ihm sehr exakt. Die sonst üblichen Details wie Revers, Taschen und Knopfleisten waren nicht erhaben – sie waren auf dem Stoff aufgedruckt! Ein interessanter Mode-Gag. Noch seine Beobachtung auswertend, stutzte Marc schon wieder. Wie um besser lesen zu können, hatte der Besucher sein Buch schräg angestellt und Marc konnte ein Konterfei von Jules Verne erkennen. Aber das war es nicht: Der aufgedruckte Autor, zu lesen an der Oberkannte des Buches, war er selbst! Nur dass er noch kein Buch geschrieben hatte! Seine Arbeiten waren bisher stets in irgendwelchen Zeitschriften gedruckt worden. Ein kurzer Schauer lief ihm über den Rücken.

Der Fremde blickte ihn jetzt direkt an. „Ich wusste, dass ich sie hier heute treffe. Daher hab ich diskret in die Platzvergabe eingegriffen.“, sagte dieser in einem Französisch mit einem unverkennbaren englischen oder amerikanischen Akzent. „Wissen sie, ich bin Journalist und ich habe mich auf die Literaten des 19. Jahrhunderts spezialisiert. Verne ist mein Favorit.“ – Marc schluckte. Seine Sprachlosigkeit ausnutzend, plauderte der Fremde weiter:  „Ihre Betrachtungen kommen der Person Vernes schon sehr nahe. Aber einige Schnitzer und Fehlinterpretationen sind doch dabei.“

„Wie…, woher wissen sie…“ Marc hatte es immer noch die Sprache verschlagen und der andere sprach weiter: „Also wie schon erwähnt, in ihrer Ausarbeitung werden Fehler drin sein, daher wollte ich, da ich noch einige Energie übrig habe, noch in dieser Phase etwas korrigierend eingreifen.“

Langsam dämmerte Marc, dass es entweder ein Riesenulk seiner Kollegen war die ihn verladen wollten, denn sein Buchprojekt hatte sich herumgesprochen  – oder hier passierte etwas so Ungewöhnliches, dass sich eigentlich alles in ihm sträubte dieses zu glauben. Aber der Fremde blickte kurz auf eine etwas unförmige Uhr an seinem Arm und sagte: „Sie haben noch drei Stunden, nutzen wir sie intensiv. Ihre Unterlagen können sie später nochmals ausleihen.“ Verblüfft über die Sachkenntnis seines Terminplanes, denn nicht mal seine Kollegen wussten, dass er heute noch auf Reisen gehen wollte, formulierte sich jetzt doch eine Frage: „Wie kommen sie zu meinem Manuskript?“ - „Sie haben immer noch nicht verstanden. Ich habe hier ihr fertiges Buch! Sie werden allerdings noch über ein Jahr dran schreiben…“ - „Wie…“ - „Das Wie steht hier nicht zur Debatte. Dazu ist die Zeit zu kurz.“ Er kicherte leise. „Vielleicht hab ich auch zu ungeschickt unseren Kontakt angebahnt. Bei Jules Verne hab ich mich einfach als interessierter Journalist vorgestellt…“

Marc brach der Schweiß aus: „Sie haben Jules Verne kennengelernt?“ Wie sollte das möglich sein, könnte so etwas wie eine Zeitreise geben?

„Ja, sagte der Fremde. Ich konnte es mir nicht verkneifen. Ich bekam für meine Literaturrecherchen die notwendige Energie zugeteilt, und so schlug ich als Besucher aus den Staaten bei ihm auf. Er war bei unserem ersten Kontakt gerade in der Vorbereitungsphase für Die Geheimnisvolle Insel, da war er sehr kontaktfreudig als ich als Amerikaner vor der Tür stand. Ich hab ihn irgendwie beeindruckt, obwohl ich mich als damaliger Zeitgenosse vorstellte.“ Nochmals wurde der Fremde von Marc gemustert. Ein Mann von etwa vierzig Jahren, ein heller Backenbart, nicht zu klein, soweit man das im Sitzen einschätzen konnte  … Ein Gedanke kam ihm. Wenn das alles wahr sein sollte… Marc grübelte: „ Sie sind Gedeon Spilett? – Nein, sie waren Gedeon Spilett?“ - „Ja und nein. Ich wurde es. Er hat es sich ziemlich leicht gemacht. Er hat mich rein äußerlich beschrieben. Und mein sicheres Auftreten scheint positiv bei ihm angekommen zu sein. Ich konnte im Gespräch einiges aus ihm heraus locken, musste ihm aber versprechen, dass solche intimeren Details nicht durch mich publiziert werden.  Das konnte ich zusagen. Meine zukünftigen Veröffentlichungen darüber konnte er bestimmt nicht lesen.“ Der Fremde grinste wieder.  „Ich besuchte ihn mehrmals. Er schien es zu akzeptieren, dass ich rein persönlich an ihm interessiert war. Im Ergebnis meiner Besuche tauchten dann aber in seinen Romanen öfters amerikanische Journalisten auf… zuletzt erkannte ich mich unter anderem auch als Harris Kymbale im Testament eines Exzentrischen.“ Zufrieden lehnte er sich zurück.

Marc ließ an dieser Stelle einige Fragen zu Verne im Gespräch einfließen. Die Antworten rundeten sein Bild über den Autoren ab. Dann fiel ihm noch eine Frage ein: „Aber es gibt doch bekannte Interviews ausländischer Journalisten…“ Der Fremde lachte laut auf.  „Ja, aber diese Kollegen waren echt, beziehungsweise Vernes Zeitgenossen.  Daher kennen sie auch deren Artikel.“ Er machte eine kurze Pause. „Jetzt wieder zu meinen Hinweisen: Natürlich können sie mich nicht zitieren. Aber ich hatte damals eine aus meiner Sicht gute Idee: Fragen Sie mal hier nach diesem Dokument…“ und er kritzelte auf ein Blatt Papier den Namen einer kleinen Bibliothek und eine Registratur. „Es ist eigentlich ein handschriftlich geführtes Kassenbuch, das Ladengeschäft wurde noch im 19. Jahrhundert eingestellt. Aber das Buch rettete sich in das dortige städtische Archiv. Dort habe ich auf den hinteren Seiten ein umfangreiches Dossier über Verne  handschriftlich eingetragen.“ Er sah Marcs fragenden Blick. „Ja, auch zu ihrer Zeit ist das Dokument noch vorhanden. Ich hab es erst vor kurzem überprüft. Nach ihrer Zeit war es erst gestern. Aber ich denke in ein paar Tagen wird es nach ihrem Fund einen Standort in einer berühmteren Bibliothek  erhalten?“ Fragend blickte er zu Marc um dann fortzufahren: „Eigentlich ist es uns untersagt in Handlungen einzugreifen und Spuren zu hinterlassen. Aber ich denke ich durfte den Ratsbeschluss umgehen, da ich ja nur über Vergangenes schrieb. Ich hoffe nur, dass unser heutiges Gespräch und meine Handlungsweise den Zeitprüfern verborgen bleibt.“

Marc wollte es noch immer nicht glauben. Zweifelnd hielt er den Zettel in der Hand. „Wie lange hatten sie den Kontakt zu Verne? Begleiteten sie ihn bis in das zwanzigste Jahrhundert?“  Er wollte nicht das Wort Ende oder Tod nutzen.  „Nein gegen Ende der achtziger Jahre musste ich den Kontakt abbrechen. Unglücklicherweise hatte ich dem Rat mitgeteilt, dass meine Identität offenbar erkannt wurde. Heute passiert mir das nicht mehr. Meine Reiseauswertungen sind diskreter geworden…  Sie schreiben ja bestimmt auch Reiseabrechnungen, die nicht alle Details enthalten.“ Eine seiner Augenbrauen erhob sich fragend. Ohne darauf einzugehen hakte Marc nach: „Sie wurden als Zeitreisender erkannt?“.

„Ja. Er wurde stutzig, da ich offenbar nicht alterte. Er hatte inzwischen einige gesundheitliche Handicaps – aber, und das fand ich besonders beeindruckend, er erkannte, dass ich stets denselben, aber nicht abgenutzten Anzug trug. Ein guter Beobachter! Aber der Anzug war maßgeschneidert und wir hatte nur ein begrenztes Budget, von der Freigabeprozedur der notwendigen Energie will ich gar nicht erst reden… Bei Reisen in ihre Zeit treiben wir den Aufwand mit der Schneiderei nicht mehr. Sie können ja alle Narrheiten tragen. “ Marc ging darauf nicht weiter ein aber Eines interessierte ihn: „Also offenbarten sie sich?“

„Na ja, ich beschrieb ihm einiges aus meinem Umfeld und meiner Arbeit. Aber er zweifelte stark an meiner Glaubwürdigkeit und verstand auch nicht alle beschriebenen technischen Prinzipien. So beschrieb er eben alles mit seinen Worten und nach dem damaligen Verständnis.“ - „Er beschrieb es?“ - „Ich denke sie kennen sich mit dem Werk Vernes aus…“ Enttäuschung klang aus den Worten des Zeitreisenden.  Es reichte zwar nicht zu einem Roman…“

Marc dämmerte es. Er begriff die Zusammenhänge. „Trotzdem wollte ich jetzt, ein paar Wochen nach meinem letzten Verne-Besuch noch etwas Gutes für uns alle tun. Ich hoffe, sie können mit der Gesamtsituation etwas anfangen. Ich rechne außerdem auf ihre Diskretion. Marc wurde unruhig und auf die Uhr blickend wollte er wieder auf seine inhaltlichen Fragen übergehen. Doch der Besucher lehnte weitere Fragen ab: „Jeder von uns hat gleich einen Termin. Alles weitere finden sie hier…“ und er tippte wieder auf den Zettel. Dann griff er nach Marcs zukünftigem Buch und versteckte es am Körper.

„Das werd‘  ich mal sicherheitshalber wieder rausschmuggeln. Es wird sich sowieso de-materialisieren.  Denn schon bei der nächsten Ausleihe werde ich bestimmt ihr korrigiertes Werk lesen können! Guten Tag! – denn wir werden uns nicht wiedersehen!“  Eilig erhob er sich, winkte und strebte dem Ausgang entgegen.

Er ließ einen grübelnden jungen Mann zurück, der die alten ausgeliehenen Dokumente  zur Seite  geschoben hatte. Mit feuchten Fingern hielt er ein Blatt Papier in der Hand.

Und jetzt die Frage: Aus welchem Jahr der Zukunft kam der Zeitreisende?

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Copyright © Andreas Fehrmann – 1/2019, letzte Aktualisierung 29. Januar 2019